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Kirchliches Gesetz
Ordnung für Lehrverfahren

Vom 19. Oktober 1976 (GVBl. S. 131),
zuletzt geändert am 17. April 2008 (GVBl. S. 128)

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Grundlegung

( 1 ) Es ist Auftrag der Kirche, die Botschaft von Jesus Christus, wie sie uns in der Heiligen Schrift gegeben ist und in den Bekenntnissen der Kirche jeweils neu bezeugt wird, den Menschen der Gegenwart auszurichten. Damit trägt sie Verantwortung für die rechte Erfüllung dieses Auftrages in der Verkündigung des Evangeliums und der Verwaltung der Sakramente, in theologischer Lehre und in jeder anderen Form der Vermittlung der christlichen Botschaft. Die Kirche kann diese Verantwortung nur tragen, weil ihr die Verheißung ihres Herrn gegeben ist, sie durch seinen Geist in alle Wahrheit zu leiten.
( 2 ) Die Kirche nimmt ihre Verantwortung wahr, indem sie geeignete Verkündiger des Evangeliums zurüstet und beruft, sie begleitet und ihnen hilft bei der sachgemäßen, gegenwartsnahen Auslegung der Botschaft, und indem sie Lehrauffassungen erkennt und abwehrt, die mit dem biblischen Zeugnis unvereinbar sind.
( 3 ) Die in der Ordination zu Wortverkündigung und Sakramentsverwaltung Berufenen haben die Verpflichtung übernommen, das Evangelium von Jesus Christus zu predigen, wie es in der Heiligen Schrift gegeben und in den in ihrer Kirche geltenden Bekenntnis bezeugt ist.
( 4 ) Die Bezeugung der Christusbotschaft ist der ganzen Kirche, nicht nur den Ordinierten, aufgetragen; der Erfüllung dieses Auftrages dienen alle Ämter der Kirche. So haben auch die Gemeindeglieder, insbesondere die Mitglieder von Ältestenkreisen und Synoden, an der Verantwortung für Lehre und Verkündigung teil. Es ist wichtige Aufgabe aller Leitungsorgane, für die rechte Ausrichtung des Zeugnisauftrags der Kirche zu sorgen.
( 5 ) Die Verantwortung der Kirche für Verkündigung und Lehre erfordert den Schutz von Gemeinde und Kirche vor einer zu beanstandenden Verkündigung oder Lehre eines Ordinierten (Lehrbeanstandung), aber auch dessen Schutz vor unberechtigten Angriffen gegen seine Verkündigung oder Lehre (Lehrschutz).
( 6 ) Ein Lehrverfahren hat zu klären, ob Verkündigung und Lehre eines Ordinierten bei dem unverzichtbaren Bemühen um den Gegenwartsbezug des Evangeliums mit dem entscheidenden Inhalt der biblischen Botschaft nach reformatorischem Verständnis unvereinbar sind.
( 7 ) Da die Kirche nicht über die Wahrheit des Evangeliums in zeitlos gültigen Lehrsätzen verfügt, sondern nur im immer neuen Hören auf die Schrift nach der rechten Antwort für den Menschen unserer Zeit suchen kann, setzt ein Lehrverfahren ausführliche theologische Gespräche mit dem Betroffenen voraus und muß sich auch selbst in Form eingehender Gespräche vollziehen. Die Beauftragten könnten solche Gespräche nur im Wagnis der eigenen Glaubensentscheidung und in der Bemühung um gemeinsame Lehrbezeugung führen und so ihre Entscheidung treffen.
( 8 ) Gegenstand des Verfahrens können nur Lehrauffassungen sein, die ein Ordinierter in Ausübung seines Amtes oder sonst öffentlich durch Wort und Tat zum Ausdruck gebracht hat und an denen er auch nach theologischer Beratung und Mahnung beharrlich festhält.
( 9 ) Wird durch das Verfahren die Unvereinbarkeit von Verkündigung und Lehre des Betroffenen mit der Kirche aufgetragenen Botschaft festgestellt, endet seine in der Ordination begründete Bevollmächtigung. Diese Entscheidung hat keinen disziplinarrechtlichen Charakter, sie folgt vielmehr aus der Verantwortung der Kirche für die Erfüllung ihres Auftrages. Die Kirche nimmt jedoch die Gewissensentscheidung des Betroffenen ernst und läßt dies in der Regelung der Rechtsfolgen für ihn deutlich werden.
( 10 ) Weil das Neue Testament eine Vielfalt von Möglichkeiten eröffnet, den entscheidenden Inhalt der einen Christusbotschaft auszusagen, darf und will diese Ordnung nicht eine theologische Einförmigkeit erzwingen. Sie soll vielmehr dazu helfen, die bei aller Mannigfaltigkeit notwendige Übereinstimmung in den Lehraussagen zu erhalten und dagegen zu verteidigen, daß die in der Kirche aufgetragene Botschaft in ihrem entscheidenden Inhalt entstellt und die Gemeinschaft des Glaubens gefährdet wird. Auch ein Lehrverfahren steht unter dem alleinigen Ziel, der Botschaft von Jesus Christus als dem einen Wort Gottes Geltung zu verschaffen.
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§ 1
Entscheidungsgrundlage

Ein Lehrverfahren hat zu klären, ob die Verkündigung und Lehre eines Ordinierten bei dem unverzichtbaren Bemühen um den Gegenwartsbezug des Evangeliums mit dem entscheidenden Inhalt der biblischen Botschaft nach reformatorischem Verständnis, wie er im Vorspruch zur Grundordnung bezeugt ist, unvereinbar ist. Gegenstand des Verfahrens können nur Lehrauffassungen sein, die ein Ordinierter in Ausübung seines Amtes oder sonst öffentlich zum Ausdruck gebracht hat und an denen er auch nach theologischer Beratung und Mahnung beharrlich festhält.
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§ 2

Einem Lehrverfahren geht ein förmliches theologisches Lehrgespräch voraus.
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A. Theologisches Lehrgespräch

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§ 3
Voraussetzung und Anordnung des theologischen Lehrgesprächs

( 1 ) Ein förmliches theologisches Lehrgespräch setzt voraus, daß Tatsachen vorliegen, welche die Annahme rechtfertigen, daß ein Ordinierter an nach § 1 zu beanstandenden Lehrauffassungen auch nach theologischer Beratung und Mahnung beharrlich festgehalten hat.
( 2 ) Die Feststellung von Tatsachen im Sinne des Absatzes 1 erfolgt durch einen Beauftragten des Evangelischen Oberkirchenrats, wenn sich gegen die Verkündigung und Lehre eines Ordinierten Bedenken i.S. des § 1 ergeben.
( 3 ) Über die Anordnung eines förmlichen theologischen Lehrgesprächs entscheidet der Landeskirchenrat von Amts wegen oder auf Antrag des Leitungsorgans der Gemeinde oder Körperschaft, in deren Bereich der Betroffene Dienst tut, sowie der aufsichtsführenden Stellen. Zuvor gibt er dem Betroffenen und dem Leitungsorgan oder der aufsichtsführenden Stelle Gelegenheit zu mündlicher oder schriftlicher Stellungnahme.
( 4 ) Ein Ordinierter kann zu seinem Schutze die Entscheidung des Landeskirchenrats beantragen, ob ein förmliches theologisches Lehrgespräch anzuordnen ist, wenn er anders keine Möglichkeit sieht, den gegen ihn öffentlich erhobenen Vorwurfs auszuräumen, er habe Lehrauffassungen vertreten, die mit dem entscheidenden Inhalt der biblischen Botschaft nach reformatorischem Verständnis unvereinbar sind.
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§ 4
Entscheidung des Landeskirchenrats bei Anträgen

( 1 ) Auf einen Antrag nach § 3 Abs. 3 oder Abs. 4 stellt der Landeskirchenrat entweder fest, daß der erhobene Vorwurf nicht die Anordnung des förmlichen Lehrgesprächs begründet, oder er ordnet es zur Klärung des Vorwurfs an.
( 2 ) Der Beschluß des Landeskirchenrats ist zu begründen; dies gilt nicht für Anträge nach § 3 Abs. 4, wenn der Landeskirchenrat zur Anordnung eines förmlichen theologischen Lehrgesprächs keinen zureichenden Anlaß sieht. Wird das förmliche theologische Lehrgespräch angeordnet, ist der zu klärende Vorwurf zu kennzeichnen.
( 3 ) Der Beschluß ist dem Betroffenen, dem Leitungsorgan der Gemeinde oder Körperschaft, in deren Dienst der Betroffene steht oder deren Dienstaufsicht er untersteht, sowie ggf. dem Antragsteller zuzustellen.
( 4 ) Der Beschluß ist mit Rechtsmitteln nicht anfechtbar.
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§ 5
Zweck

Zweck des förmlichen theologischen Lehrgesprächs ist es, den Sachverhalt zu klären und das Anliegen des Betroffenen zu erkennen und – soweit erforderlich – zu versuchen, im gemeinsamen theologischen Bemühen die bei aller Mannigfaltigkeit notwendige Übereinstimmung in den Lehraussagen wiederzugewinnen.
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§ 6
Kommission

( 1 ) Der Landeskirchenrat beauftragt mit der Teilnahme an dem Lehrgespräch
  1. zwei seiner theologischen Mitglieder, darunter mindestens ein theologisches Mitglied des Evang. Oberkirchenrats,
  2. eines seiner nichttheologischen Mitglieder,
  3. einen Hochschullehrer der Evangelischen Theologie.
( 2 ) Der Betroffene nennt drei weitere Teilnehmer am Lehrgespräch, von denen mindestens einer ein im Dienst der badischen Landeskirche stehender Theologe sein muß.
( 3 ) Ist der Betroffene ein Mitglied des Evang. Oberkirchenrats, so werden am Lehrgespräch keine Mitglieder des Evang. Oberkirchenrats beteiligt.
( 4 ) Soweit die mit der Teilnahme am Lehrgespräch Beauftragten ordiniert sind, muß die Mehrheit von ihnen in der gleichen Bekenntnisbindung wie der Betroffene stehen.
( 5 ) Der Landeskirchenrat bestimmt den Einberufer aus den Mitgliedern der Kommission. Diese wählt ihren Vorsitzenden und dessen Stellvertreter. Der Landeskirchenrat bestellt einen Protokollführer, der sich am Lehrgespräch nicht beteiligt.
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§ 7
Gang des Gesprächs und Urlaub zur Vorbereitung

( 1 ) Die Kommission beginnt das Gespräch mit dem Betroffenen spätestens 2 Monate nach der Beauftragung der Kommission. Innerhalb des förmlichen theologischen Lehrgespräches führt die Kommission Gespräche mit dem Betroffenen in dem Umfang, wie es ihr zur Erfüllung ihrer Aufgabe erforderlich erscheint.
( 2 ) Der Vorsitzende setzt Ort und Zeit der Gespräche fest und lädt die Beteiligten jeweils mit 2 Wochen Frist dazu ein. Dem Betroffenen wird die Einladung zugestellt; er wird zugleich darauf hingewiesen, daß im Falle es nicht durch triftige Gründe entschuldigten Fernbleibens dem Verfahren auch ohne weiteres Gespräch Fortgang gegeben werden kann.
( 3 ) Der Landeskirchenrat kann dem Betroffenen, wenn dieser es beantragt, Urlaub zur Vorbereitung des förmlichen theologischen Lehrgesprächs unter Fortgewährung seiner Dienstbezüge bewilligen, wenn nicht dringende Gründe entgegenstehen.
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§ 8
Zuhörer, Beistände

( 1 ) Das Lehrgespräch ist nicht öffentlich. Der Landeskirchenrat kann bis zu zwei Mitglieder von Leitungsorganen als Zuhörer benennen.
( 2 ) Der Betroffene kann einen theologischen und einen rechtskundigen Beistand sowie bis zu zwei am Lehrgespräch nicht teilnehmende Zuhörer mitbringen. Die Beistände müssen der evangelischen Kirche angehören.
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§ 9
Anwesenheit, Gesprächsleitung

( 1 ) Die Gespräche des förmlichen theologischen Lehrgesprächs können nur stattfinden, wenn außer dem Betroffenen alle Mitglieder der Kommission anwesend sind.
( 2 ) Der Vorsitzende eröffnet und leitet die Gespräche.
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§ 10
Niederschriften

( 1 ) Über den wesentlichen Inhalt eines jeden Gesprächs ist möglichst während seines Verlaufes und sonst unverzüglich nach seinem Abschluß durch den vom Landeskirchenrat bestimmten Protokollführer eine Niederschrift anzufertigen. Diese ist spätestens innerhalb zweier Wochen nach Abschluß des jeweiligen Gespräches von allen Teilnehmern zu unterzeichnen. Gibt die Niederschrift nach Auffassung eines Teilnehmers den Gesprächsverlauf nicht zutreffend wieder, so kann er seiner Unterschrift einen entsprechenden Zusatz hinzufügen. Verweigert der Betroffene die Unterschrift, ist dies in der Niederschrift festzustellen.
( 2 ) Dem Betroffenen ist eine Ausfertigung jeder Niederschrift alsbald nach ihrem Zustandekommen zuzustellen. Er kann jeweils innerhalb einer Woche nach Zustellung jeder Niederschrift dem Vorsitzenden eine Stellungnahme einreichen, die der Niederschrift beigefügt wird.
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§ 11
Abschluß des Lehrgesprächs

( 1 ) Wenn die Aufgabe des Lehrgesprächs nach ihrer Überzeugung erfüllt ist, beschließt die Kommission mit der Mehrheit ihrer Mitglieder ihr Votum.
( 2 ) Das Votum geht dahin, daß der Betroffene in dem förmlichen theologischen Lehrgespräch in den vom Beschluß des Landeskirchenrats bezeichneten Punkten eine gemäß § 1 zu beanstandende oder nicht zu beanstandende Lehre vertritt. Das Votum ist zu begründen. Dabei ist eine beanstandete Lehre als nach § 1 schriftwidrig zu kennzeichnen.
( 3 ) Das Votum ist von sämtlichen zum Lehrgespräch Berufenen zu unterschreiben. Wer überstimmt worden ist, kann der Unterschrift einen dies feststellenden Zusatz hinzufügen und innerhalb von drei Wochen ein Sondervotum einreichen, das dem Votum beigefügt wird.
( 4 ) Der Vorsitzende legt das Votum mit den etwaigen Sondervoten und den Niederschriften über die geführten Gespräche dem Landeskirchenrat vor. Dieser stellt das Votum mit den etwaigen Sondervoten dem Betroffenen zu und gibt ihm Gelegenheit zur Stellungnahme innerhalb eines Monats.
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§ 12
Entscheidung des Landeskirchenrats nach Abschluß des Lehrgesprächs

( 1 ) Nach Eingang aller Unterlagen entscheidet der Landeskirchenrat, ob ein Lehrverfahren eröffnet wird.
( 2 ) Der Landeskirchenrat kann die Entscheidung über die Eröffnung des Lehrverfahrens aussetzen und dem Betroffenen befristet zu besonderen theologischen Studien unter Belassung seiner Dienstbezüge beurlauben, wenn davon die Wiedergewinnung der bei aller Mannigfaltigkeit notwendigen Übereinstimmung in den Lehraussagen erhofft werden kann.
( 3 ) Die Landessynode ist vom Landeskirchenrat über seine beabsichtigte Entscheidung so rechtzeitig zu unterrichten, daß sie Gelegenheit hat, vor der endgültigen Entscheidung des Landeskirchenrats über die Eröffnung eines Lehrverfahrens Stellung zu nehmen. Die Landessynode kann in Fällen von besonderer Bedeutung für die Konkretisierung und Aktualisierung des kirchlichen Bekenntnisses beschließen, daß die Bezirkssynode vor der Stellungnahme der Landessynode Gelegenheit zur Stellungnahme erhalten.
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§ 13
Entscheidung des Landeskirchenrats bei Nichterscheinen

Hat der Betroffene die Teilnahme am Lehrgespräch verweigert, ist er ohne zwingende Gründe nicht erschienen oder lehnt er es ab, die gemäß § 12 Abs. 2 vorgeschlagenen Studien durchzuführen, entscheidet der Landeskirchenrat darüber, ob das Verfahren vor dem Spruchkollegium eröffnet werden soll.
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§ 14
Beurlaubung

Hat der Landeskirchenrat die Eröffnung des Verfahrens vor dem Spruchkollegium beschlossen, kann er den Betroffenen bis zur Beendigung des Verfahrens unter Belassung seiner Dienstbezüge beurlauben.
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§ 15
Zustellung

Die Beschlüsse des Landeskirchenrats sind dem Betroffenen mit Begründung zuzustellen. Wird das Verfahren vor dem Spruchkollegium eröffnet, hat der Beschluß die nach § 1 als schriftwidrig beanstandete Lehre zu bezeichnen und die Beanstandung zu begründen.
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B. Verfahren vor dem Spruchkollegium

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I. Allgemeine Bestimmungen

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§ 161#
Spruchkollegium

( 1 ) Die Landessynode bestellt in ihrer zweiten Tagung für die Dauer ihrer Wahlperiode ein Spruchkollegium für das Lehrverfahren. Die in der vorhergehenden Wahlperiode bestellten Mitglieder üben ihr Amt bis zur Bestellung der neuen Mitglieder weiter aus. Scheidet ein Mitglied während der laufenden Amtsperiode aus dem Spruchkollegium aus, so bestellt die Landessynode in der auf das Ausscheiden folgenden Tagung für die restliche Dauer der Wahlperiode ein Ersatzmitglied.
( 2 ) Bei einem Spruchkollegium anhängige Verfahren werden von diesem Spruchkollegium zu Ende geführt, auch wenn die reguläre Amtszeit abgelaufen ist.
( 3 ) Erforderlichenfalls sind mehrere Spruchkollegien zu bilden.
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§ 17
Besetzung des Spruchkollegiums

( 1 ) Jedes Spruchkollegium verhandelt und entscheidet in folgender Besetzung:
  1. vier im Dienst einer Gliedkirche der EKD stehende Ordinierte, von denen mindestens zwei Theologen mit abgeschlossener Universitätsausbildung und mindestens zwei Gemeindepfarrer sein müssen;
  2. zwei in einer Gliedkirche der EKD zum Ältestenamt befähigte Gemeindeglieder, von denen mindestens eines die Befähigung zum Richteramt haben muß;
  3. ein Inhaber eines Lehrstuhls für Evangelische Theologie.
( 2 ) Stellvertreter sind in der erforderlichen Anzahl zu berufen.
( 3 ) Die Mitglieder jedes Spruchkollegiums, der Vorsitzende und sein Stellvertreter sowie die Reihenfolge der Stellvertreter und der etwaigen Ersatzleute sind durch die Landessynode für die Dauer ihrer Amtszeit im voraus zu bestimmen.
( 4 ) Wird ein Lehrverfahren bei dem Spruchkollegium anhängig, so tritt ein weiterer ordinierter Theologe einer Gliedkirche der EKD als Mitglied des Spruchkollegiums für das anhängige Verfahren hinzu, für dessen Bestellung durch den Vorsitzenden des Spruchkollegiums der Betroffene selbst drei Vorschläge zu machen hat. Der Betroffene hat seine Vorschläge innerhalb eines Monats zu machen. Verzichtet der Betroffene darauf oder hält er die Frist nicht ein, beruft das Spruchkollegium von sich aus das weitere theologische Mitglied.
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§ 18
Ausschließungsgründe

Von der Mitwirkung in dem Spruchkollegium ist ausgeschlossen
  1. wer dem Landeskirchenrat angehört oder angehört hat;
  2. wer am förmlichen theologischen Lehrgespräch mit dem Betroffenen beteiligt war;
  3. wer Ehegatte oder gesetzlicher Vertreter des Betroffenen ist oder gewesen ist;
  4. wer mit dem Betroffenen in gerader Linie verwandt, verschwägert oder durch Annahme an Kindes Statt verbunden, in der Seitenlinie bis zum dritten Grade verwandt oder bis zum zweiten Grade verschwägert ist, auch wenn die Ehe, durch welche die Schwägerschaft begründet war, nicht mehr besteht.
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§ 19
Ablehnungsgründe

( 1 ) Der Betroffene und der Landeskirchenrat können Mitglieder des Spruchkollegiums wegen Besorgnis der Befangenheit ablehnen; die Ablehnung ist nur binnen 2 Wochen nach Zustellung der Mitteilung gem. § 22, bei einem erst später eingetretenen oder bekannt gewordenen Umstand nur unverzüglich nach seinem Bekanntwerden zulässig. Die Ablehnung ist schriftlich zu begründen. Das Kollegium entscheidet darüber durch unanfechtbaren Beschluß, bei dem anstelle der abgelehnten Mitglieder deren Stellvertreter mitwirken. Das gleiche gilt, wenn Mitglieder des Kollegiums, auch ohne abgelehnt worden zu sein, sich selbst für befangen erklären.
( 2 ) Lehrmeinungen eines Mitglieds, die von denen des Betroffenen abweichen, können als Ablehnungsgrund nicht geltend gemacht werden.
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§ 20
Unabhängigkeit und Verpflichtung

Die Mitglieder des Spruchkollegiums führen ihr Amt unabhängig und sind nur an die Heilige Schrift gemäß dem Vorspruch der Grundordnung gebunden. Sie werden bei Amtsantritt verpflichtet.
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II. Gang des Verfahrens

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§ 21
Eröffnungsbeschluß

Der Landeskirchenrat stellt seinen Eröffnungsbeschluß mit Begründung dem Betroffenen zu und übermittelt ihn zusammen mit sämtlichen Vorgängen dem Vorsitzenden des Spruchkollegiums.
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§ 22
Mitteilung der Besetzung des Spruchkollegiums

Der Vorsitzende teilt dem Betroffenen die Besetzung des Spruchkollegiums unter Hinweis auf die Bestimmungen des § 19 durch Zustellung mit.
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§ 23
Vorbereitung der Verhandlung

( 1 ) Der Vorsitzende des Spruchkollegiums beauftragt eines oder einige seiner Mitglieder mit der Vorbereitung der Verhandlung und mit etwa notwendigen Ermittlungen.
( 2 ) Sollen Sachverständige oder Zeugen gehört werden, ist der Betroffene davon spätestens eine Woche zuvor in Kenntnis zu setzen. Ihm und seinen Beiständen ist gestattet, an Vernehmungen teilzunehmen und Fragen zu stellen.
( 3 ) Nach Abschluß der Ermittlungen bestellt der Vorsitzende ein Mitglied zum Berichterstatter für die mündliche Verhandlung.
( 4 ) Der Vorsitzende bestellt im Benehmen mit dem Vorsitzenden des Landeskirchenrats für die mündliche Verhandlung einen Protokollführer, der dem Spruchkollegium nicht angehört.
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§ 24
Stellungnahmen

( 1 ) Dem Leitungsorgan der Gemeinde (Ältestenkreis, Kirchengemeinderat) oder einer anderen Körperschaft, in deren Bereich der Betroffene Dienst tut, und den aufsichtsführenden Stellen ist bei der Vorbereitung der mündlichen Verhandlung Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Ist für eine landeskirchliche Pfarrstelle, die der Betroffene innehat oder verwaltet, eine dem Ältestenkreis entsprechende Gruppe von Gemeindegliedern (Mitarbeiterkreis) gebildet worden, so ist dieser Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Hat der Pfarrer einen hauptamtlichen Auftrag im Bereich eines Kirchenbezirks (Kirchenbezirksverband), so ist außerdem der Bezirkskirchenrat (dem dem Bezirkskirchenrat entsprechenden Organ) Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben.
( 2 ) Bei den in § 39 und § 40 genannten Personen ist sinngemäß zu verfahren.
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§ 25
Beistände, Gutachten, Akteneinsicht

( 1 ) Der Landeskirchenrat kann am Lehrverfahren durch einen von ihm zu benennenden Vertreter teilnehmen.
( 2 ) Der Betroffene kann sich in jeder Lage des Verfahrens eines theologischen und eines rechtskundigen Beistandes seiner Wahl bedienen. Der Vorsitzende des Spruchkollegiums kann weitere Beistände zulassen. Die Beistände müssen der Evangelischen Kirche angehören.
( 3 ) Dem Betroffenen ist Gelegenheit zu geben, mündlich oder schriftlich zum ermittelten Sachverhalt Stellung zu nehmen. Der Betroffene kann Gutachten beibringen. Auf Antrag ist ihm nach Eröffnung des Verfahrens vor dem Spruchkollegium Einsicht in die Akten des Verfahrens zu gewähren.
( 4 ) Der Vertreter des Landeskirchenrats, der Betroffene und dessen Beistände können Beweisanträge stellen. Wird ihnen nicht entsprochen, ist dies zu begründen.
( 5 ) Der Betroffene kann beantragen, daß das Spruchkollegium einen von ihm ausgewählten Hochschullehrer der evangelischen Theologie um ein Gutachten bittet. Wird der Antrag binnen eines Monats nach Eröffnung des Lehrverfahrens gestellt, muß ihm entsprochen werden. Erstattet der Hochschullehrer das Gutachten, so erhält der Betroffene eine Abschrift.
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§ 26
Ladungsfristen

( 1 ) Der Vorsitzende des Kollegiums lädt die Beteiligten mit einer Frist von vier Wochen zur mündlichen Verhandlung ein.
( 2 ) Hat das Spruchkollegium gem. § 25 Abs. 5 um ein Gutachten gebeten, kann die mündliche Verhandlung nur anberaumt werden, wenn das erbetene Gutachten entweder vorliegt oder seit Abgang der Bitte um das Gutachten 3 Monate verstrichen sind.
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§ 27
Anwesenheit und Fernbleiben

( 1 ) Die mündliche Verhandlung kann nur bei ununterbrochener Anwesenheit sämtlicher Mitglieder des Spruchkollegiums stattfinden.
( 2 ) Ist der Betroffene nach der Überzeugung des Spruchkollegiums entschuldigt ausgeblieben, wird ein neuer Verhandlungstermin bestimmt und der Betroffene dazu erneut mit einer Frist von mindestens 2 Wochen eingeladen.
( 3 ) Ist der Betroffene nach der Überzeugung des Spruchkollegiums unentschuldigt ausgeblieben, kann in seiner Abwesenheit verhandelt werden. In diesem Falle kann eine Entscheidung des Spruchkollegiums nicht vor Ablauf einer Woche verkündet werden.
( 4 ) Macht der Betroffene im Falle des Absatzes 3 innerhalb einer Woche glaubhaft, daß er durch Naturereignisse oder andere unabwendbare Zufälle am Erscheinen in der Verhandlung verhindert gewesen ist, wird ein neuer Verhandlungstermin mit einer Frist von mindestens 2 Wochen bestimmt.
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§ 28
Öffentlichkeit

( 1 ) Die Verhandlung vor dem Spruchkollegium ist öffentlich. Der Vorsitzende eröffnet und leitet sie. Er übt das Hausrecht aus.
( 2 ) Das Spruchkollegium kann die Zulassung von Zuhörern begrenzen oder ausschließen. Auf Antrag des Betroffenen sind die Zuhörer auszuschließen.
( 3 ) Wird die Öffentlichkeit ausgeschlossen, kann der Vorsitzende einzelnen Personen die Anwesenheit gestatten.
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§ 29
Gang der Verhandlung

( 1 ) In der mündlichen Verhandlung sind die beanstandeten Lehraussagen im Rahmen der gesamten Verkündigung und Lehre des Betroffenen im Hinblick auf § 1 umfassend zu erörtern.
( 2 ) Die mündliche Verhandlung beginnt mit dem Vortrag des Berichterstatters über die Ergebnisse des bisherigen Verfahrens. Sodann wird das Gespräch mit dem Betroffenen so lange geführt, bis das Spruchkollegium seinen Zweck für erreicht ansieht. Die mündliche Verhandlung kann – wenn erforderlich – unterbrochen und vertagt werden.
( 3 ) Das Spruchkollegium kann in der mündlichen Verhandlung Sachverständige und Zeugen hören.
( 4 ) Zum Schluß der mündlichen Verhandlung wird dem Vertreter des Landeskirchenrats, den Beiständen und zuletzt dem Betroffenen das Wort zu ihren abschließenden Ausführungen erteilt.
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§ 30
Niederschrift

Über den Gang der Verhandlung ist eine Niederschrift anzufertigen, die vom Vorsitzenden und dem Protokollführer zu unterschreiben ist. Die Niederschrift muß den Gang der Verhandlung im wesentlichen wiedergeben sowie die im Laufe der Verhandlung gestellten Anträge, die ergangenen Beschlüsse und das Ergebnis der Verhandlung enthalten.
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§ 31
Feststellung

( 1 ) Aufgrund der mündlichen Verhandlung stellt das Spruchkollegium in geheimer Beratung und Abstimmung innerhalb von 4 Wochen nach Schluß der mündlichen Verhandlung fest, daß entweder
  1. die Verkündigung und Lehre des Betroffenen nach § 1 nicht zu beanstanden ist, oder
  2. die Verkündigung und Lehre des Betroffenen nach § 1 zu beanstanden ist, oder
  3. eine Entscheidung nicht getroffen werden konnte.
( 2 ) Das Spruchkollegium kann eine Feststellung zu Absatz 1 a mit mindestens 5 Stimmen, eine Feststellung nach Absatz 1 b nur mit mindestens 6 Stimmen treffen.
( 3 ) Wird keine dieser Mehrheiten erreicht, stellt das Spruchkollegium fest, daß eine Entscheidung nicht getroffen werden konnte. Damit ist das Verfahren eingestellt.
( 4 ) Die Feststellung ist alsbald nach der Beratung und Abstimmung niederzulegen und von allen Mitgliedern zu unterschreiben. Wer überstimmt worden ist, kann seiner Unterschrift einen dies feststellenden Zusatz beifügen.
( 5 ) Der Vorsitzende teilt diese Feststellung dem Betroffenen und dem Landeskirchenrat unverzüglich mit.
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§ 32
Begründung und Zustellung

( 1 ) Die Feststellung des Spruchkollegiums nach § 31 Abs. 1 ist innerhalb von 3 Monaten schriftlich zu begründen. Dabei ist im Falle von Absatz 1 b eine beanstandete Lehre zu kennzeichnen und ihre Beanstandung nach § 1 zu begründen.
( 2 ) Die Begründung nach Absatz 1 ist von allen Mitgliedern des Spruchkollegiums zu unterschreiben. Wer überstimmt worden ist oder der Begründung nicht zustimmt, kann innerhalb von 3 Wochen ein Sondervotum nachreichen.
( 3 ) Der Vorsitzende stellt den Spruch nebst Begründung und etwa eingereichten Sondervoten dem Betroffenen und dem Landeskirchenrat zu. Die übrigen Beteiligten erhalten Abschriften.
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§ 33
Anfechtung des Verfahrens

( 1 ) Der Betroffene und der Landeskirchenrat können den Spruch durch Klage wegen Verfahrensmängeln nach Absatz 2 beim Verwaltungsgericht der Evang. Landeskirche in Baden anfechten. Für die Klage gelten die Bestimmungen des kirchlichen Gesetzes über die Ordnung der kirchl. Verwaltungsgerichtsbarkeit vom 16.4.1970 mit Ausnahme der Bestimmungen über die Berufung, die ausgeschlossen ist. Absatz 2 bleibt unberührt.
( 2 ) Die Klage kann nur darauf gestützt werden, daß die Vorschriften über
  1. die Besetzung des Spruchkollegiums (§ 16 Abs. 1 und § 17 Abs. 1 bis 3),
  2. die Ausschließung und die Ablehnung wegen Befangenheit (§§ 18, 19),
  3. das rechtliche Gehör (§§ 25 bis 27 und § 29 Abs. 4)
verletzt worden sind und die Feststellung des Spruchkollegiums auf dieser Verletzung beruht. Eine Entscheidung beruht nicht auf einer Verletzung einer Vorschrift über das Verfahren, wenn alle seit dem Verstoß durchgeführten Verfahrensschritte wiederholt worden sind.
( 3 ) Ist die Klage nach Absatz 2 begründet, hebt das kirchliche Verwaltungsgericht die Feststellung des Spruchkollegiums auf. Damit ist das Lehrverfahren erneut vor dem Spruchkollegium anhängig. Mitglieder, die bereits am ersten Lehrverfahren teilgenommen haben, sind von der Mitwirkung ausgeschlossen.
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§ 34
Materielle Überprüfung der Feststellung

( 1 ) Ist ein Spruch nach § 31 Abs. 1a oder b ergangen, kann die Landessynode die Überprüfung des Lehrverfahrens anordnen, wenn sie aufgrund neuer theologischer Gutachten überzeugt ist, daß die Feststellung des Spruchkollegiums der Überprüfung im Sinne von § 1 bedarf. Diese Anordnung der Landessynode bedarf einer Mehrheit von zwei Dritteln bei Anwesenheit von mindestens drei Vierteln der stimmberechtigten Synoden.
( 2 ) Ist die Überprüfung angeordnet, ist damit das Lehrverfahren erneut vor dem Spruchkollegium anhängig. Mitglieder, die bereits an dem ersten Lehrverfahren teilgenommen haben, sind von der Mitwirkung ausgeschlossen.
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§ 35
Folgen der neuen Feststellung

( 1 ) Die neue Feststellung nach § 34 Abs. 2 wirkt zugunsten der rechtlichen Stellung und der Bezüge des Betroffenen so, wie wenn sie im Zeitpunkt der früheren Feststellung an deren Stelle ergangen wäre.
( 2 ) Bezüge, auf die der Betroffene oder seine Hinterbliebenen danach noch Anspruch haben, sind nachzuzahlen. Der in der Zwischenzeit bezogene Arbeitsverdienst sowie Zahlungen, die aufgrund der früheren Feststellung oder der durch die Feststellung geschaffenen Verhältnisse geleistet sind, werden angerechnet. Der Betroffene ist verpflichtet, über die von ihm inzwischen erhaltenen Bezüge Auskunft zu geben. Hätte der Betroffene nach der neuen Feststellung sein Amt nicht verloren, erhält er nach Rechtskraft dieser Feststellung, wenn die Stelle inzwischen anderweitig besetzt worden ist, die diesem Amt entsprechenden Bezüge. Er ist zur Dienstleistung und zur Übernahme eines neuen Amtes wie ein Geistlicher im Wartestand verpflichtet.
( 3 ) Sind in der Zwischenzeit Umstände eingetreten, die unabhängig von der früheren Feststellung, die rechtliche Stellung oder die Bezüge des Betroffenen verändert hätten, behalten sie ihren Einfluß.
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§ 36
Rechtsfolgen

( 1 ) Mit der Rechtskraft der Feststellung gem. § 31 Abs. 1b verliert der Betroffene die in der Ordination begründeten Rechte und endet das Dienstverhältnis. Alle kirchlichen Beauftragungen erlöschen. Die bisherigen Bezüge verbleiben dem Betroffenen bis zum Ablauf des zweiten Monats, der auf den Eintritt der Rechtskraft folgt.
( 2 ) Der Evang. Oberkirchenrat stellt das Ausscheiden und den Zeitpunkt fest, an dem die Rechtswirkungen des Ausscheidens eingetreten sind, und teilt dies dem Betroffenen mit.
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C. Besondere Bestimmungen

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§ 37
Unterhaltsbeihilfe

( 1 ) Die Kirche gewährt dem Betroffenen im Falle des § 36 eine Unterhaltsbeihilfe in der Höhe der im Zeitpunkt des Ausscheidens aus dem Dienst erdienten Versorgungsbezüge. Den versorgungsberechtigten Hinterbliebenen wird eine Unterhaltsbeihilfe gewährt, die den Witwen- bzw. Waisenbezügen entspricht.
( 2 ) Die Unterhaltsbeihilfe wird hinsichtlich ihres Wegfalles oder Ruhens und hinsichtlich des Einflusses, den etwaige Bezüge aus einem öffentlichen Dienst auf sie haben, wie ein Ruhegehalt behandelt. Auf die Unterhaltsbeihilfe wird eigenes Einkommen angerechnet, soweit beides zusammen die Höhe der zuletzt erhaltenen Bezüge übersteigt.
( 3 ) Der Landeskirchenrat kann dem Betroffenen mit seiner Zustimmung ein befristetes Übergangsgeld bis zur Höhe seiner bisherigen Dienstbezüge gewähren, soweit dies erforderlich ist, um die Ausbildung für einen neuen Beruf durchzuführen, der der bisherigen beruflichen Stellung des Betroffenen entspricht. Durch die Gewährung dieses Übergangsgeldes wird der Betroffene hinsichtlich seiner sämtlichen Ansprüche auf Unterhaltsbeihilfe abgefunden.
( 4 ) Erweisen sich der Betroffene oder seine versorgungsberechtigten Hinterbliebenen der Unterhaltsbeihilfe durch ein Verhalten unwürdig, welches bei einem im Ruhestand befindlichen Kirchenbeamten zum Verlust oder zur Kürzung seiner Versorgungsbezüge führen würde, kann ihm auf Antrag des Landeskirchenrats durch nach seiner Anhörung ergehenden Beschluß des kirchlichen Disziplinargerichts die Unterhaltsbeihilfe ganz oder teilweise entzogen werden. Der Betroffene oder seine Hinterbliebenen werden nicht der Unterhaltsbeihilfe im Sinne von Satz 1 dadurch unwürdig, daß sie die beanstandete Lehrmeinung aufrechterhalten und öffentlich vertreten.
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§ 38
Verzicht

Verzichtet der Betroffene zur Vermeidung eines Lehrverfahrens auf die in der Ordination begründeten Rechte und nimmt der Landeskirchenrat diesen Verzicht aus diesem Grunde an, gilt § 37 sinngemäß.
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§ 39
Ordinierte der Landeskirche im Dienst anderer Körperschaften

( 1 ) Wird ein Verfahren nach dieser Ordnung gegen einen im Dienst einer anderen öffentlichen Körperschaft, einer Anstalt, einer Stiftung oder eines Vereins stehenden ordinierten Amtsträger durchgeführt und trifft das Spruchkollegium die Feststellung gem.§ 31 Abs. 1b, verliert der Betroffene damit die in der Ordination begründeten Rechte. Soweit er seinen Dienst aufgrund einer kirchlichen Bevollmächtigung versieht, erlischt diese.
( 2 ) Über eine entsprechende Anwendung des § 37 befindet der Landeskirchenrat unter Berücksichtigung der Dienst- und Versorgungsverhältnisse des Betroffenen.
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§ 40
Ordinierte im Ruhe- oder Wartestand sowie Religionslehrer im Beamtenverhältnis auf Lebenszeit

( 1 ) Ein Lehrverfahren kann auch gegen einen Ordinierten durchgeführt werden, der sich im Ruhe- oder Wartestand befindet. Die §§ 36 und 37 finden entsprechende Anwendung.
( 2 ) Diese Ordnung findet auf kirchliche Religionslehrer in einem Beamtenverhältnis auf Lebenszeit sinngemäß Anwendung.
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§ 41
Ausübung des Predigtamtes im Angestelltenverhältnis oder in der Probedienstzeit

Gegen ordinierte und andere hauptamtlich mit der Ausübung des Predigtamtes Beauftragte, die nicht in einem Dienstverhältnis auf Lebenszeit stehen, findet kein Lehrverfahren statt. Beabsichtigt das zuständige Leitungsorgan, das Dienstverhältnis nach mindestens einjähriger Dauer aus Gründen der Lehre zu beenden, so geht der Entscheidung ein Lehrgespräch in sinngemäßer Anwendung der §§ 3 bis 11 voraus.
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§ 42
Verhältnis zu anderen Verfahren

( 1 ) Ein Sachverhalt nach § 1 kann nicht Gegenstand eines Disziplinarverfahrens sein.
( 2 ) Liegt außer einem Sachverhalt nach § 1 ein anderer Sachverhalt vor, der die Eröffnung eines Disziplinarverfahrens gegen den Betroffenen rechtfertigt, entscheidet der Landeskirchenrat darüber, welches Verfahren den Vorrang hat, und stellt die Entscheidung über die Eröffnung des anderen Verfahrens bis zur Erledigung des ersten zurück.
( 3 ) Die Versetzung eines Betroffenen im Interesse des Dienstes oder seine Versetzung in den Wartestand oder Ruhestand sind unzulässig, soweit die Gründe dazu auf einem Sachverhalt nach § 1 beruhen. Hat das Spruchkollegium nach § 31 Abs. 1a oder c entschieden, ist eine solche Maßnahme zulässig, wenn dem Betroffenen aufgrund der örtlichen Verhältnisse durch bei voller Unterstützung durch den Landeskirchenrat kein gedeihliches Weiterwirken an dieser Stelle möglich ist.
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§ 43
Weitere Einstellungsgründe

Ein Lehrverfahren ist, außer im Falle des § 31 Abs. 3, auch einzustellen
  1. wenn der Betroffene aus dem Dienst der Kirche entlassen wird, ohne daß ihm die in der Ordination begründeten Rechte belassen sind,
  2. wenn der Betroffene aus dem Dienst der Kirche ausscheidet,
  3. wenn der Betroffene wegen Geisteskrankheit entmündigt worden ist,
  4. im Falle des Todes des Betroffenen.
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D. Kosten- und Schlußvorschriften

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§ 44
Gebühren, Auslagen, Entschädigungen

( 1 ) Für die Durchführung des Lehrgesprächs und des Lehrverfahrens werden Gebühren nicht erhoben.
( 2 ) Die der Kirche entstehenden Auslagen werden von der Kirche getragen. Sie können durch Beschluß des Spruchkollegiums ganz oder teilweise dem Betroffenen auferlegt werden, soweit er sie durch sein Verhalten im Verfahren schuldhaft verursacht hat.
( 3 ) Dem Betroffenen werden die zur Wahrnehmung seiner Rechte entstandenen Auslagen erstattet, soweit sie angemessen waren; darüber entscheidet der Vorsitzende des Spruchkollegiums. Die Hinzuziehung eines rechtskundigen und eines theologischen Beistandes ist stets angemessen.
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§ 45
Inkrafttreten

( 1 ) Dieses Gesetz tritt am 1. November 1976 in Kraft.
( 2 ) Mit dem Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Gesetzes treten alle Bestimmungen, die mit diesem Gesetz nicht zu vereinbaren sind, außer Kraft.
( 3 ) Der Evang. Oberkirchenrat wird mit dem Vollzug dieses Gesetzes beauftragt und ermächtigt, Durchführungsbestimmungen zu erlassen.

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1 ↑ Lt. Änderung des Kirchl. Gesetzes „Ordnung für Lehrverfahren“ (GVBl. Nr. 8/2008 S. 128); Inkrafttreten gem. Art. 2 „Dieses Gesetz tritt am auf die Beschlussfassung [redaktioneller Hinweis: 17. April 2008] folgenden Tag in Kraft.“