Rechtsstand: 01.01.2021

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Artikel 82

( 1 ) Der Landeskirchenrat wird aus Mitgliedern kraft Amtes und aus Synodalen gebildet, die die Landessynode aus ihrer Mitte wählt.
( 2 ) Die Zusammensetzung und das Verfahren zur Bildung des Landeskirchenrates werden im Übrigen durch kirchliches Gesetz geregelt.
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Literatur
Siehe bei Artikel 81.
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Der Artikel wurde durch das Kirchliche Gesetz zur Änderung der Grundordnung und des Leitungs- und Wahlgesetzes 2019 vom 23. Oktober 20191# neu gefasst. Absatz 1 beschränkt sich jetzt auf die Regelung, dass sich der Landeskirchenrat aus Mitgliedern kraft Amtes und aus Synodalen zusammensetzt, die die Synode aus ihrer Mitte wählt. Die Zusammensetzung der Mitglieder des Landekirchenrates ist auf der Grundlage der Ermächtigung in Abs. 2 in der Grundordnung aufgehoben und als § 54a in das Leitungs- und Wahlgesetz2# überführt worden. Diese Bestimmung lautet:
§ 54 a
Mitglieder des Landeskirchenrates
(1) Der Landeskirchenrat besteht aus
1. der Landesbischöfin bzw. dem Landesbischof,
2. der Präsidentin bzw. dem Präsidenten der Landessynode,
3. der ersten stellvertretenden Person der Präsidentin bzw. des Präsidenten der Landessynode,
4. den Vorsitzenden der ständigen Ausschüsse der Landessynode,
5. den von der Landessynode für die Dauer der Wahlperiode gewählten Synodalen,
6. den stimmberechtigten Mitgliedern des Evangelischen Oberkirchenrates und
7. dem Mitglied der Theologischen Fakultät nach Artikel 87 GO.
Die Zahl der Mitglieder Nummer 3 bis 5 steht im Verhältnis 2 zu 1 zur Zahl der Mitglieder nach Nummer 6.
(2) Ist ein stimmberechtigtes Mitglied des Evangelischen Oberkirchenrates verhindert, nimmt die nach Artikel 79 Abs. 5 GO bestellte Stellvertretung an der Sitzung des Landeskirchenrates teil und übt das Stimmrecht aus. Für jedes synodale Mitglied nach Absatz 1 Nr. 3 bis 5 ist eine Person als Stellvertretung zu wählen.
(3) Die synodalen Mitglieder des Landeskirchenrates und ihre Stellvertreterinnen und Stellvertreter werden von der Landessynode spätestens in der zweiten Tagung der Amtszeit der Landessynode gewählt. Von den Mitgliedern nach Absatz 1 Nr. 2 bis 5 dürfen höchstens die Hälfte der Personen im kirchlichen Dienst stehen. (§ 2 Abs. 5)
(4) Die Amtszeit der synodalen Mitglieder des Landeskirchenrates endet mit der Wahl der neuen Mitglieder durch die neu gewählte Landessynode. Bei einem Ausscheiden aus der Landessynode während der Amtszeit endet das Amt mit der Wahl der Nachfolgerin bzw. des Nachfolgers. Die Nachwahl erfolgt spätestens in der nächsten Tagung der Landessynode.
(5) Die Prälatinnen und Prälaten gehören dem Landeskirchenrat als beratende Mitglieder an.
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A. Geborene Mitglieder

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I. Mitglieder des Evangelischen Oberkirchenrates

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Die in Absatz 1 geregelte Zusammensetzung des Landeskirchenrates hat im Blick auf vergleichbare Organe in anderen Landeskirchen ihre Besonderheit darin, dass alle Mitglieder des Evangelischen Oberkirchenrates auch dem Landeskirchenrat als geborene Mitglieder angehören.3# Nicht zum Zuge gekommen ist damit die von Otto Friedrich in seiner Denkschrift vom Dezember 19484# entwickelte Vorstellung, nach der der »Erweiterte Oberkirchenrat« aus dem Landesbischof, seinem Stellvertreter, dem geschäftsleitenden rechtskundigen Mitglied und vier oder sechs von der Landessynode zu berufenden Synodalen bestehen sollte. Die übrigen Mitglieder des Oberkirchenrates sollten – wie bei der »Kirchenregierung« von vor 1933 – an den Sitzungen des Erweiterten Oberkirchenrates nur mit beratender Stimme teilnehmen.
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II. Andere geborene Mitglieder

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Die Landesbischöfe bzw. der Landesbischof werden wegen ihrer Eigenschaft als eigenständiges kirchenleitendes Organ als geborenes Mitglied des Landeskirchenrates ausdrücklich erwähnt und nicht unter die stimmberechtigten Mitglieder des Evangelischen Oberkirchenrates subsumiert. Damit wird dokumentiert, dass im Landeskirchenrat alle Leitungsorgane zusammenwirken.
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Geborenes Mitglied des Landeskirchenrates ist außerdem die Präsidentin bzw. der Präsident der Landessynode. Als geborene Mitglieder neu hinzugekommen sind durch das kirchliche Gesetz zur Änderung der Grundordnung vom 20. April 20135# deren erste stellvertretende Person, die Vorsitzenden der ständigen Ausschüsse der Landessynode sowie das Mitglied der Landessynode, das nach Art. 87 Nr. 2 GO die Theologische Fakultät der Universität Heidelberg als berufenes Mitglied vertritt.
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Als ein wesentliches Gegenargument gegen die Mitgliedschaft der Ausschussvorsitzenden wurde in der Vergangenheit vorgetragen, dass das Wahlrecht der Synode zu sehr eingeschränkt würde.6# Als selbstverständlich wurde aber zugleich angesehen, dass »normalerweise die Vorsitzenden der ständigen Ausschüsse auch in den Landeskirchenrat gewählt werden sollten. Wir wollen uns aber nicht selbst die Hände binden, so daß wir in möglichen Situationen keinen Handlungsspielraum mehr haben.«7#
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Geborene Mitglieder des Landeskirchenrates sind auch die Prälatinnen bzw. die Prälaten, allerdings nach Absatz 5 nur in beratender Funktion. Das bedeutet, sie haben im Landeskirchenrat dieselben Rechte und Pflichten wie alle anderen Mitglieder, mit Ausnahme des Rechts, sich an den Abstimmungen zu beteiligen.
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B. Gewählte Mitglieder

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Ursprünglich betrug die Zahl der von der Landessynode zu wählenden Synodalen die gleiche Zahl der Oberkirchenräte.8# Diese paritätische Besetzung wurde durch das Vierte Kirchliche Gesetz zur Änderung der Grundordnung vom 29. April 19719# zugunsten einer Verstärkung des synodalen Elements aufgegeben, sodass seitdem das Verhältnis der synodalen Mitglieder zu den stimmberechtigten Mitgliedern des Evangelischen Oberkirchenrates 3 : 2 betragen hat, wobei die Mitglieder kraft Amtes nach Abs. 1 Nr. 1, 2 und 7 nicht mitgerechnet wurden. Um eine Verringerung der in den Landskirchenrat zu wählenden synodalen Mitglieder durch die Neustrukturierung der Referate des Evangelischen Oberkirchenrates zu vermeiden, wurde die Verhältniszahl durch das Gesetz zur Änderung der Grundordnung und des Leitungs- und Wahlgesetzes 201910# auf 2 : 1 verändert. In Zahlen ausgedrückt sind damit auch nach der Reduzierung der Referate des Oberkirchenrates von bisher acht auf nunmehr sechs wie bisher sieben synodale Mitglieder in den Landeskirchenrat zu wählen. Einschließlich der Landesbischöfin bzw. des Landesbischofs und der Präsidentin bzw. dem Präsidenten der Landessynode und dem Vertreter der Heidelberger Theologischen Fakultät setzt sich der Landeskirchenrat damit aus 7 Mitgliedern des Evangelischen Oberkirchenrats – bisher neun – und 14 Mitgliedern der Landessynode zusammen. Hinzu kommen die Prälatinnen und Prälaten ohne Stimmrecht.
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Nach Absatz 3 muss diese Wahl spätestens in der zweiten Tagung der neu gewählten Landessynode stattfinden. Die Möglichkeit, den Landeskirchenrat erst in der zweiten Tagung der Landessynode zu wählen, soll sicherstellen, dass die neu gewählten Synodalen zunächst Gelegenheit haben, sich miteinander vertraut zu machen.11# Die früher in Art. 82 Abs. 3 enthalten gewesene Bestimmung, nach der das Wahlerfahren zur Besetzung des Landskirchenrates in der Geschäftsordnung der Landessynode zu regeln war12#, ist nicht übernommen worden, da Absatz 2 nunmehr bestimmt, dass das Verfahren durch Gesetz zu regeln ist. Soweit es sich um interne Verfahrensregelungen der Landessynode handelt, bedürfen diese im Übrigen keiner gesetzlichen Ermächtigung.
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Der zweite Satz in Absatz 3, nach dem von den synodalen Mitgliedern des Landeskirchenrates nach Abs. 1 Nr. 2 bis 5 höchstens die Hälfte im kirchlichen Dienst stehen darf, wurde einfügt durch das kirchliche Gesetz zur Änderung der Grundordnung und des Leitungs- und Wahlgesetzes 201913#. Nach § 2 Abs. 5 LWG zählen dazu alle Personen, die ordiniert sind oder mit einem Beschäftigungsgrad von mindestens 50 Prozent im Dienst der Kirche einschließlich der Diakonie stehen, soweit diese der kirchlichen Aufsicht der Landeskirche unterliegt. Die Vorschrift soll ein zu starkes Übergewicht der kirchlichen „Funktionäre“ im Landeskirchenrat verhindern.
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C. Stellvertretung

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Die Regelung in Absatz 2 Satz 2, dass für jedes synodale Mitglied eine Stellvertretung gewählt werden muss, wurde eingeführt durch das Siebte Kirchliche Gesetz zur Änderung der Grundordnung vom 19. Oktober 1977.14# Die damals zunächst vorgeschlagene Beschränkung der Stellvertretungsregelung auf die »gewählten« synodalen Mitglieder wurde fallen gelassen15#, sodass eine Stellvertretung auch für die geborenen synodalen Mitglieder – mit Ausnahme der Präsidentin bzw. des Präsidenten und des Mitgliedes der Theologischen Fakultät gewählt werden muss. Die Zuordnung der Stellvertretungen erfolgt ad personam.
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Die Stellvertretungsregelung für die Mitglieder des Evangelischen Oberkirchenrates nach Absatz 2 Satz 1 geht zurück auf das Vierzehnte Kirchliche Gesetz zur Änderung der Grundordnung vom 26. April 2001.16# Beide Regelungen sind im Interesse der Funktionsfähigkeit des Landeskirchenrates und stellen sicher, dass sich das Verhältnis der synodalen Mitglieder zu den Mitgliedern aus dem Evangelischen Oberkirchenrat auch in den einzelnen Sitzungen möglichst nicht verschiebt.17#
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D. Beendigung der Amtszeit

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Durch Absatz 4 wird eine kontinuierliche Besetzung des synodalen Teils des Landeskirchenrats sichergestellt. Er enthält die Klarstellung, dass die Mitgliedschaft im Landeskirchenrat mit der Konstituierung einer neu gewählten Landessynode nicht endet, auch wenn einzelne seiner Mitglieder der neuen Landessynode nicht mehr angehören. Erst durch die Neuwahlen zum Landeskirchenrat wird die gesamte synodale »Bank« wiederbesetzt. Die Mitgliedschaft im Landeskirchenrat bleibt über die Zugehörigkeit zur Landessynode hinaus auch bei einem Ausscheiden einzelner Mitglieder aus der Landessynode während der Amtszeit bestehen, bis spätestens bei der nächsten Tagung18# eine Nachfolgerin bzw. ein Nachfolger gewählt worden ist.19# Der Übergangszustand soll also so kurz wie möglich bemessen sein.
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Ein nicht geregelter Sonderfall ist die denkbare Situation, dass ein synodales Mitglied des Landeskirchenrates zum Mitglied des Evangelischen Oberkirchenrates gewählt wird oder ein anderes Amt im Sinne von Art. 50 Abs. 2 LWG übernimmt, das nach § 54 Abs. 2 zur Beendigung der Mitgliedschaft in der Landessynode führt. In diesem Fall ist aus Gründen der Inkompatibilität davon auszugehen, dass mit dem Tag des Dienstantritts auch das (synodale) Mandat im Landeskirchenrat endet, mit der Folge, dass eine Mitwirkung an den Entscheidungen des Landeskirchenrates in synodaler Besetzung nach Artikel 84 GO nicht mehr möglich ist, selbst wenn die Synode eine Nachfolgerin bzw. einen Nachfolger noch nicht gewählt hat.

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1 ↑ GVBl. 2020, S. 10.
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2 ↑ GVBl. 2020, S. 10. Der vollständige Name des Gesetzes wurde dabei geändert in: Kirchliches Gesetz über die Zusammensetzung, Wahl und Aufgaben von Leitungsorganen in der Evangelischen Landeskirche in Baden (Leitungs- und Wahlgesetz – LWG).
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3 ↑ Siehe dazu: Art. 81 Rdnr. 4.
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4 ↑ LKA 3288.
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5 ↑ GVBl. S. 109.
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6 ↑ Vergl.: Erläuterungen zum Entwurf des Zweiten Kirchlichen Gesetzes zur Änderung der Grundordnung, Verhandlungen der Landessynode der Evangelischen Landeskirche in Baden, Ordentliche Tagung vom Oktober 1969, Anl. 1, S. 32; Artikel 6 Vorlage des Landeskirchenrates Entwurf Siebtes Kirchliches Gesetz zur Änderung der Grundordnung, Verhandlungen der Landessynode der Evangelischen Landeskirche in Baden, Ordentliche Tagung vom 16. bis 21. Oktober 1977, Anl. 2.; siehe auch die Ausführungen des Synodalen Wendland als Berichterstatter, ebd., S. 82.
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7 ↑ So der Synodale Rave für den Hauptausschuss, Verhandlungen der Landessynode der Evangelischen Landeskirche in Baden, Ordentliche Tagung vom Oktober 1977, S. 91.
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8 ↑ Vergl.: § 15 Abs. 1 Kirchliches Gesetz, Die Leitung der Vereinigten Evangelisch-protestantischen Landeskirche Badens betreffend vom 29. April 1953, GVBl. S. 37; § 105 GO i.d.F. vom 23. April 1958, GVBl. S. 17.
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9 ↑ GVBl. S. 89.
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10 ↑ GVBl. 2020, S. 10.
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11 ↑ Siehe dazu aber die Regelung für die Wahl des Bezirkskirchenrates, der nach Art. 45 Abs. 2 GO spätestens im ersten Jahr der Amtsperiode der Bezirkssynode gebildet werden muss. Die frühere Regelung, dass dies erst im zweiten Jahr zu geschehen hat, ist aufgrund eines Änderungsantrages des Haupt- und Finanzausschusses nicht beibehalten worden (Verhandlungen der Landessynode der Evangelischen Landeskirche in Baden, Ordentliche Tagung vom 25. bis 28. April 2007, S. 54 und S. 129). In der Sache ergibt sich insofern kein Unterschied zur Regelung bei der Wahl des Landeskirchenrates, da dieser bei zwei Tagungen der Landessynode im Jahr ebenfalls im ersten Jahr der Amtszeit gebildet werden muss.
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12 ↑ Siehe bisher § 12 GeschOLS.
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13 ↑ GVBl. 2020, S. 10.
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14 ↑ GVBl. S. 117.
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15 ↑ Hintergrund war der dann aber doch nicht realisierte Vorschlag, auch die Vorsitzenden der ständigen Ausschüsse der Landessynode zu geborenen Mitgliedern des Landeskirchenrates zu machen; vergl.: Verhandlungen der Landessynode der Evangelischen Landeskirche in Baden, Ordentliche Tagung vom 16. bis 21. Oktober 1977, S. 82.
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16 ↑ GVBl. S. 61; siehe auch: Art. 79 Rdnr. 10.
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17 ↑ Siehe dazu auch bei Art. 79 Rdnr. 15.
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18 ↑ Die »nächste Tagung« ist diejenige, die auf die letzte Tagung folgt, an der das Mitglied noch teilgenommen hat oder hätte teilnehmen können. Es kommt nicht darauf an, ob der frei gewordene synodale Sitz bereits wieder besetzt ist.
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19 ↑ Insoweit liegt eine Abweichung von der allgemeinen Regelung in Artikel 105 GO vor; vergl.: Art. 105 Rdnr. 3.