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Landeskirchliche Gemeinschaftsverbände

Bekanntmachung des Evangelischen Oberkirchenrats vom 31. Oktober 1991

(GVBl. S. 145)

Die Evangelische Landeskirche in Baden trifft mit Landeskirchlichen Gemeinschaftsverbänden, die in ihrem Bereich tätig sind, für die Zusammenarbeit mit diesen folgende
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Vereinbarung

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I.

  1. Der Auftrag Jesu Christi zur Verkündigung des Evangeliums verpflichtet in gleicher Weise die Landeskirche und die Landeskirchlichen Gemeinschaften zu Zeugnis und Dienst.
  2. Die Landeskirche und die Landeskirchlichen Gemeinschaftsverbände glauben und bekennen gemeinsam Jesus Christus als ihren Herrn und als alleiniges Haupt seiner Gemeinde.
    Sie gründen sich auf die Heilige Schrift als die alleinige Quelle und oberste Richtschnur ihres Glaubens, ihrer Lehre und ihres Lebens und bekennen gemeinsam, daß das Heil allein aus Gnaden, allein im Glauben an Jesus Christus empfangen wird.
  3. Die in Christus vorgegebene Einheit der Christenheit nach Johannes 17 kann von den Kirchen und kirchlichen Gemeinschaften in dieser Zeit und Welt in ihren eigenen Strukturen – gemessen an der Vollendung im Reiche Gottes – nur unvollkommen dargestellt werden. Das entbindet sie nicht von der geistlichen Pflicht, diese Einheit überall dort sichtbar zu machen, wo dieses möglich ist. Dem wollen die Evangelische Landeskirche in Baden und die in ihrem Bereich tätigen Landeskirchlichen Gemeinschaftsverbände mit dieser Vereinbarung dienen. Sie treten damit nicht in eine Mitverantwortung für alle Entscheidungen und Vorgänge der jeweils anderen Unterzeichner ein.
  4. Die Landeskirche ist dankbar für den Dienst der Landeskirchlichen Gemeinschaften. Sie sieht in ihrem Wirken einen wichtigen Beitrag zum Aufbau der Gemeinde Jesu Christi am Ort gemäß Apg 2,42: »Sie blieben aber beständig in der Lehre der Apostel und in der Gemeinschaft und im Brotbrechen und im Gebet.« Biblisch ausgerichtete Jugendarbeit, missionarisch-seelsorgerliche Diakonie, Evangelisation und Mission haben besondere Bedeutung.
  5. Die Landeskirchlichen Gemeinschaftsverbände gestalten als freie Werke ihre Arbeit in eigener Verantwortung. In gegenseitiger Achtung und in vertrauensvoller Zusammenarbeit sind Landeskirche und Gemeinschaftsverbände bemüht, mit ihren Möglichkeiten und Gaben zusammenzuwirken im gemeinsamen Auftrag des Herrn Jesus Christus.
  6. Wo die Landeskirchlichen Gemeinschaftsverbände oder deren Mitarbeiter im Rahmen dieser Vereinbarung in Aufgaben der Landeskirche Verantwortung übernehmen, anerkennen sie die Bekenntnisse der Landeskirche, wie sie im Vorspruch zu deren Grundordnung verpflichtend genannt sind.
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II.

Um zu einem vertrauensvollen Miteinander, insbesondere in den Gemeinden am Ort, beizutragen, trifft die Landeskirche mit den Gemeinschaftsverbänden folgende Absprachen:
1.
Prediger
1.1
Gemeinschaftsprediger bedürfen für den Dienst der Verkündigung einer besonderen Zurüstung und Berufung, die von der Leitung des Gemeinschaftsverbandes verantwortet und ausgesprochen wird. Die Verbandsleitungen berufen in der Regel nur Prediger, die der Evangelischen Landeskirche angehören.
1.2
Den Predigern der Landeskirchlichen Gemeinschaften wird empfohlen, bei Dienstantritt Kontakt zu den Gemeindepfarrern ihres Bezirks aufzunehmen, wie umgekehrt Gemeindepfarrer beim Dienstantritt die Verbindung zu Predigern der Landeskirchlichen Gemeinschaften suchen sollen.
1.3
Die Landeskirche begrüßt es, wenn Prediger und Stadtmissionare landeskirchlicher Gemeinschaften auch hin und wieder Predigtdienste in landeskirchlichen Gemeinden übernehmen.
1.4
Die Landeskirche ist bereit, auf Wunsch der Leitung des Gemeinschaftsverbandes Prediger und Stadtmissionare mit dem Dienst der öffentlichen Verkündigung und der Sakramentsspendung in Gottesdiensten der Landeskirche zu beauftragen. Diese Beauftragung ersetzt oder ergänzt nicht die vom Gemeinschaftsverband ausgesprochene Segnung und Sendung; sie setzt sie vielmehr voraus und erweitert sie auf das Predigtamt der Landeskirche. Die dazu notwendige Vorbereitung wird von Fall zu Fall in gemeinsamer Absprache geregelt; sie beachtet die vorangegangene Ausbildung und konzentriert sich darum vor allem auf die Fragen der Bekenntnisverpflichtung und auf liturgische und kirchenrechtliche Fragen. Die Beauftragung wird in einem Gemeindegottesdienst vollzogen; das liturgische Formular der Beauftragung orientiert sich an der Agende der Landeskirche und wird gemeinsam erarbeitet.
2.
Gottesdienst
2.1
Viele Glieder der Landeskirchlichen Gemeinschaften gehören zu den treuen Gottesdienstbesuchern. Von der bisherigen Gewohnheit, daß während der üblichen Gottesdienstzeiten am Sonntagvormittag keine Veranstaltungen der Gemeinschaften stattfinden, soll auch künftig nur in begründeten Ausnahmefällen abgewichen werden. Die aufgrund bestehender Tradition bisher schon durchgeführten Veranstaltungen bleiben von dieser Regelung unberührt. Die örtlichen Kirchen bzw. Pfarrgemeinden sollen davon unterrichtet werden.
2.2
Die besondere Situation in einzelnen Gemeinschaften und an einzelnen Orten kann es nahelegen, daß hin und wieder von Gemeinschaften auch am Sonntagmorgen Gottesdienste mit besonderer missionarischer Ausrichtung angeboten werden. Dies bedarf einer sorgfältigen Prüfung durch die Leitung des Gemeinschaftsverbandes, die sich vor einer Entscheidung mit der Leitung der Landeskirche rechtzeitig abspricht.
2.3
Zu regelmäßig stattfindenden Veranstaltungen am Sonntagvormittag vgl. II. Ziff. 5.1 und 5.2.
3.
Feier des Abendmahls
Die Feier des heiligen Abendmahls bildet ebenso wie die Wortverkündigung den Mittelpunkt des geistlichen Lebens der Gemeinde am Ort. Darum nehmen viele Glieder von Gemeinschaften am Abendmahl der örtlichen Kirchen- bzw. Pfarrgemeinde teil.
Wo Abendmahlsfeiern in den Gemeinschaften aufgrund von Apg. 2,42 gehalten werden, wollen sie die Abendmahlsgottesdienste der örtlichen Gemeinden weder ersetzen noch abwerten.
Die Leitungen der Gemeinschaftsverbände und die Leitung der Landeskirche tragen vor dem Herrn des Abendmahls die Verantwortung für Verkündigung und Vollzug dieser Abendmahlsfeiern entsprechend der Einsetzung durch den Herrn Jesus Christus und sind in Verkündigung und Praxis des Abendmahls der Einheit in der Landeskirche verpflichtet.
Die gottesdienstliche Agende und das Bekenntnis der Landeskirche können dafür geistliche Orientierung geben.
4.
Amtshandlungen bei Mitgliedern der Landeskirche
Bei der Frage der Amtshandlungen sind die örtlichen und regionalen Verhältnisse und Situationen zu berücksichtigen.
4.1
Die Taufe ist Voraussetzung für die Mitgliedschaft in der Landeskirche. Deshalb soll sie in einem Gemeindegottesdienst vollzogen werden. Prediger der Gemeinschaftsverbände können daran beteiligt werden (vgl. II 1.3).
4.2
Die Konfirmandenarbeit soll junge Menschen zum Glauben führen und ihren Glauben festigen, sie in ihre Gemeinde einführen und zur Mitarbeit in Kirche und Gemeinde ermutigen. Darum gehört die Konfirmandenarbeit zur Aufgabe der örtlichen Gemeinde. Auf besonderen Wunsch kann eine Abmeldung an ein anderes Pfarramt erfolgen (vgl. § 55 Abs. 2 und § 56 Abs. 1 und 2 der Grundordnung der Evangelischen Landeskirche in Baden).
4.3
Trauungen und kirchliche Bestattungen sind Aufgabe des zuständigen Pfarrers. Wo dies erbeten wird, können Prediger und Stadtmissionare nach vorheriger Absprache mit dem zuständigen Gemeindepfarrer an Liturgie und Verkündigung beteiligt werden.
4.4
Wo die landeskirchliche Beauftragung eines Predigers vorliegt (vgl. II 1.4) können aus seelsorgerlichen Gründen Taufe, Trauung und kirchliche Bestattung vom zuständigen Pfarrer an einen Prediger oder Stadtmissionar auch ganz übertragen werden.
5.
Neue Formen missionarischer und diakonischer Arbeit
5.1
In diakonischen Einrichtungen – zumal in der Trägerschaft von Gemeinschaftsverbänden – kann es sich nahelegen, regelmäßig Sonntagsgottesdienste zu veranstalten, die von Predigern der Gemeinschaftsverbände gehalten werden. In ihnen kann auf die besondere Situation von alten, kranken und pflegebedürftigen Menschen eingegangen werden. So kann die Einheit von Verkündigung und Diakonie besonderen Ausdruck finden. Vor der Einrichtung solcher regelmäßiger Sonntagsgottesdienste setzt sich die Leitung des Gemeinschaftsverbandes mit der Leitung der Landeskirche in Verbindung; der jeweilige Kirchenbezirk und das Diakonische Werk werden an den Absprachen beteiligt.
5.2
Die besondere Situation in Städten und/oder bei besonderen Personengruppen (Übersiedler, Konfessionslose) kann es nahelegen, im Rahmen einer Stadtmissions- oder Gemeinschaftsarbeit regelmäßig Sonntagsgottesdienste mit besonderer missionarischer Ausrichtung zu veranstalten. So können Menschen, die der Kirche fernstehen und in den Landeskirchlichen Gemeinschaftsverbänden neue geistliche Heimat gefunden haben, über diese auch wieder Heimat in der Kirche finden. In solchen Fällen setzt sich die Leitung des Gemeinschaftsverbandes rechtzeitig mit der Leitung der Landeskirche in Verbindung; der jeweilige Kirchenbezirk wird an den Absprachen beteiligt.
5.3
Nach § 10 Abs. 2 der Grundordnung der Evangelischen Landeskirche in Baden ist es möglich, neben den Ortsgemeinden auch Personalgemeinden zu bilden. Diese Form kirchlicher Arbeit kann dort erwogen werden, wo Stadtmissionen und Gemeinschaften für ihre missionarische Arbeit auch pfarramtliche Rechte benötigen (z.B. für die Taufe bisher konfessionsloser Menschen). Eine solche Form der Zusammenarbeit zwischen Stadtmissionen und Gemeinschaften einerseits und der Landeskirche andererseits setzt voraus, daß Einvernehmen über das Berufungsverfahren des Stadtmissionars bzw. Predigers und über das Visitationsrecht der Landeskirche gefunden wird.
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III.

Die Unterzeichner dieser Vereinbarung wollen sich dafür einsetzen, daß ihre Gemeinschaft in Zeugnis und Dienst immer deutlicher und tiefer wird.
Darum treffen sie folgende Absprache:
  1. Die Leitung der Landeskirche und die Leitungen der Landeskirchlichen Gemeinschaftsverbände treffen sich einmal pro Jahr zu gemeinsamen Gesprächen.
  2. Sie informieren sich darüber hinaus gegenseitig durch Zusendung wichtiger Veröffentlichungen und Verlautbarungen.
  3. Sie sorgen dafür, daß je in ihrem Bereich auch in den regionalen Untergliederungen Entsprechendes geschieht.
  4. Sie überprüfen gemeinsam nach Ablauf von zwei Jahren diese Vereinbarung.
Zu dieser Vereinbarung gehören Erläuterungen als Hilfe zum praktischen Verstehen und zur praktischen Anwendung.
Karlsruhe, den 31.10.1991
Dr. Engelhardt
Evangelische Landeskirche in Baden
Hauser
Evang. Verein für innere Mission Augsburgischen Bekenntnisses e.V.
Haag
Chrischona-Gemeinschaftswerk/Deutscher
Zweig der Pilgermission St. Chrischona
Weigold
Südwestdeutscher Gemeinschaftsverband Neustadt-Lachen e.V.