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Gemeinsame Erklärung
zur seelsorgerischen Beratung konfessionsverschiedener
Ehen

Vom 18. Januar 1971

(GVBl. S. 15)

Im Motu proprio Papst Pauls VI. »Matrimonia mixta« vom 31. März 1970 und in den dazu ergangenen Ausführungsbestimmungen der Deutschen Bischofskonferenz vom 23. September 1970 wird für die pastorale Betreuung konfessionsverschiedener Ehen die Zusammenarbeit der daran beteiligten Seelsorger nahegelegt. Das nachfolgende Wort der Deutschen Bischofskonferenz und des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland gibt allgemeine Hinweise zur Verwirklichung dieses Anliegens. Diese Gedanken werden den Seelsorgern als Grundlage für ein gemeinsames Vorgehen in dieser Frage besonders empfohlen.
Für die
Für die
Evangelische Landeskirche in Baden
Erzdiözese Freiburg
Heidland
Hermann Schäufele
Landesbischof
Erzbischof
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Wort der Deutschen Bischofskonferenz
und des Rates der Evangelischen Kirche
in Deutschland zur Zusammenarbeit
in der Seelsorge an konfessionsverschiedenen Ehen
Vom 18. Januar 1971 (GVBl. S. 15)

Ehe und Familie stehen heute in unserer Gesellschaft unter großen Belastungen. Jeder, der die fortschreitende Tendenz zu ihrer Aushöhlung beobachtet, muß tief beunruhigt sein. Vieles von dem, was da im Namen der Freiheit gefordert wird, erweist sich im Grunde als Verachtung von Treue und Glauben und als Sieg des Egoismus.
Für eine erfüllte Ehe ist die gemeinsame Glaubensüberzeugung der Eheleute ein besonders tragfähiges Fundament. Die Kirchen dürfen darum nicht müde werden, alle, die sich auf die Ehe vorbereiten, auf dieses tiefste Fundament menschlicher Gemeinsamkeit hinzuweisen. Voneinander abweichende Glaubensüberzeugungen erschweren die volle Einheit und Lebensgemeinschaft der Ehegatten, ihre Teilnahme am Gottesdienst und am Leben ihrer Gemeinde, sowie die Wahrnehmung ihrer gemeinsamen Verantwortung in der Kindererziehung. Darum tritt die evangelische wie die katholische Kirche für die bekenntnisgleiche Ehe ein.
Es kann nicht übersehen werden, daß die Zahl der konfessionsverschiedenen Ehen in den letzten Jahren bei uns stark zugenommen hat. Deshalb sind neue seelsorgerische Überlegungen notwendig.
10 Diese Überlegungen ergeben sich auch daraus, daß in jüngster Zeit bei evangelischen wie katholischen Christen ein stärkeres ökumenisches Bewußtsein aufgebrochen ist. 11 Das Suchen nach der Einheit der Christen war selten so stark wie heute.
12 Gerade Partner in konfessionsverschiedenen Ehen tragen oft besonders schwer an der fortbestehenden Kirchentrennung und erwarten darum von beiden Kirchen seelsorgerliche Hilfe.
13 Die am 1. Oktober 1970 in der gesamten katholischen Kirche in Kraft getretenen neuen Bestimmungen für die konfessionsverschiedenen Ehen wollen solche Hilfen ermöglichen. 14 Die Deutsche Bischofskonferenz hat inzwischen die notwendigen Ausführungsbestimmungen erlassen. 15 Der Rat der Evangelischen Kirche in Deutschland hat diese Änderungen des Mischehenrechtes begrüßt und alle Gliedkirchen der Evangelischen Kirche in Deutschland gebeten, ihre Lebensordnungen, Gesetze und Richtlinien zu überprüfen und alle Regelungen aufzuheben, die einen evangelischen Christen, der sich katholisch trauen läßt und einer katholischen Kindererziehung zustimmt, benachteiligen.
15  16 Freilich kann durch solche rechtliche Neuordnung nur ein Teil der anstehenden Probleme gelöst werden. 17 Deshalb sind neue Ansätze und Überlegungen zur Frage einer Zusammenarbeit in der Seelsorge an konfessionsverschiedenen Ehen notwendig.
  1. Die gegenwärtige Situation
    Die gegenwärtige Situation ist gekennzeichnet durch ein wachsendes Verlangen nach ökumenischer Zusammenarbeit in den Gemeinden und vor allem in den konfessionsverschiedenen Ehen. Die Möglichkeit ökumenischer Zusammenarbeit wird jedoch gefährdet, einerseits durch immer noch vorhandene Vorurteile gegenüber der anderen Kirche, andererseits durch einen schwärmerischen Ökumenismus, der die vorhandenen Unterschiede zwischen den Kirchen zu überspielen sucht und auf eine »Dritte Konfession« hin tendiert. Vor allem aber ist die ökumenische Zusammenarbeit durch einen Indifferentismus gefährdet, den nicht selten konfessionsverschiedene Paare dadurch praktizieren, daß sie sich gegenüber kirchlichem Leben gleichgültig verhalten.
  2. Voraussetzungen einer Zusammenarbeit in der Seelsorge an konfessionsverschiedenen Ehen.
    Eine Zusammenarbeit evangelischer und katholischer Seelsorger an den konfessionsverschiedenen Ehen wird von beiden Kirchen begrüßt und gefördert. Sie soll sich nicht nur auf amtliche Kontakte der Seelsorger beschränken, z.B. bei der Eintragung der erfolgten Eheschließung bzw. Trauung in die Kirchenbücher oder auf die gelegentliche Mitwirkung bei der kirchlichen Trauung, sondern sie soll sich vor allem auf die Seelsorge nach der Trauung erstrecken.
    Eine solche Zusammenarbeit setzt voraus, daß jeder Seelsorger das Gewissen beider Ehepartner respektiert und daß jeder den Geistlichen der anderen Kirche in seiner Bindung an die Lehre und die Praxis seiner Kirche achtet; denn wenn wir auch glauben, daß Christus nur eine Kirche gestiftet hat und daß die ganze Christenheit im Gehorsam gegenüber ihrem Herrn diese eine Kirche, deren Haupt Christus ist, verwirklichen soll, so können wir doch nicht darüber hinwegsehen, daß die Christen verschiedener Konfessionen im Glauben noch nicht eins sind. Dieser Tatsache muß heute jede Art von ökumenischer Zusammenarbeit Rechnung tragen.
  3. Möglichkeiten zur Zusammenarbeit in der Seelsorge
    1. Ein erster Schritt müßte das Gespräch zwischen den evangelischen und katholischen Seelsorgern eines Bezirkes sein. Dabei soll eine umfassende gegenseitige Information erfolgen über das Verständnis der Ehe, die eherechtlichen Bestimmungen und die Praxis des religiösen Lebens der anderen Kirche. In diesen Gesprächen sollte auch klargestellt werden, daß die gemeinsame Teilnahme am Abendmahl bzw. an der Eucharistie nicht der geeignete Weg ist, um die Kluft der Konfessionsverschiedenheit zu überbrücken.
    2. Die Seelsorger beider Kirchen sollen eine Form der Zusammenarbeit in der Seelsorge an konfessionsverschiedenen Ehen entwickeln, die von beiden Seiten uneingeschränkt bejaht werden kann. Dabei darf weder der Verdacht aufkommen, man wolle sich gegenseitig Mitglieder abwerben, noch darf bei den konfessionsverschiedenen Paaren der Eindruck entstehen, als sei ein Partner von seiner Kirche aufgegeben und stillschweigend der anderen Kirche überlassen worden.
      Eine von der Deutschen Bischofskonferenz und vom Rat der Evangelischen Kirche in Deutschland gebildete Kommission wird dazu Vorschläge erarbeiten.
    3. Vor der Trauung eines konfessionsverschiedenen Paares sollen die zuständigen Seelsorger beider Kirchen miteinander Fühlung aufnehmen, um die konkreten Schritte zu besprechen. Gegebenenfalls sollen sie sich über eine Zusammenlegung von Brautunterricht und Traugespräch sowie über eine etwaige Mitwirkung bei der kirchlichen Trauung verständigen.
    4. Nach erfolgter Trauung sollen die Seelsorger mit den konfessionsverschiedenen Paaren bzw. Familien in Verbindung bleiben und dabei Ratschläge geben für die Glaubenspraxis im Ehe- und Familienleben (Gebet, Teilnahme am Gottesdienst u.a.). Beide Seelsorger sollen auch gelegentlich die konfessionsverschiedenen Paare am Ort zu Gesprächen einladen, in denen sie gemeinsam Glaubensfragen und Fragen des religiösen Lebens besprechen. Auch dazu wird die genannte Kommission Vorschläge erarbeiten.
18 Wir hoffen, daß solche gemeinsamen Bemühungen der evangelischen und katholischen Seelsorger den bekenntnisverschiedenen Paaren zum Segen gereichen.
München, den 18. Januar 1971
D. Dietzfelbinger
Julius Kardinal Döpfner
Der Vorsitzende des Rates
Der Vorsitzende
der Evangelischen Kirche in Deutschland
der Deutschen Bischofskonferenz