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Richtlinien für Kirchenmusik

Vom 22. Januar 2008 (GVBl. S. 46),

geändert am 18. Juni 2013 (GVBl. S. 215)

Der Evangelische Oberkirchenrat hat auf Vorschlag des Beirates für Kirchenmusik 1# folgende Richtlinien erlassen:
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Präambel

Diese Richtlinien wenden sich an alle, die an der Gestaltung von Gottesdienst und Kirchenmusik verantwortlich beteiligt sind: Ältestenkreise, Kirchengemeinderäte, Pfarrerinnen und Pfarrer, Verantwortliche in Kirchenbezirken, Chöre, Instrumentalgruppen und Bands, Kirchenmusikerinnen und -musiker. Ihnen wollen diese Richtlinien Anregungen für die kirchenmusikalische Arbeit sowie Hilfen und Regeln für Planungen und Entscheidungen geben.
Diese Absicht prägt den Charakter dieses Textes. Er ersetzt nicht Rechtsregelungen, auf die im Folgenden hingewiesen wird, ergänzt diese aber und versucht, ihre praktischen Intentionen zusammenzufassen.
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I.
Grundlegendes zum Singen und Musizieren in der Kirche

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1. Musik als Äußerung des Menschseins

  1. Singen und Musizieren sind elementare Äußerungen des Menschen. In der Musik kann der Mensch sein Fühlen und Empfinden, seine Freude und seinen Schmerz ausdrücken. Musik hat deswegen auch seelsorgliche und therapeutische Bedeutung für die, die sie hören, wie für die, die sie ausüben.
  2. Musik ist eine Gabe Gottes, die Menschen beglücken und trösten, aber auch herausfordern kann. Deshalb haben Singen und Musizieren in der Kirche ihren festen Platz.
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2. Musik als Ausdruck des Glaubens

Im Singen und Musizieren können wir uns Gott zuwenden und unserem Glauben Ausdruck geben. Wofür Worte fehlen, das kann oft durch Musik mitgeteilt werden: Klage und Zweifel, Anfrage und Bitte, Gewissheit und Dank, Freude, Lob, Anbetung und Jubel.
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3. Musik als gemeinschaftsbildendes Element

Gemeinsames Singen und Musizieren verbindet. Es schafft Gemeinschaft zwischen denen, die singen und spielen, und denen, die zuhören. Auch deswegen ist die christliche Gemeinde singende und musizierende Gemeinde.
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II.
Musik in der Gemeinde

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1. Kirchenmusik als Sache der Gemeinde

  1. Aus der Bedeutung der Kirchenmusik ergibt sich die Verpflichtung der Gemeinden, sich ideell und finanziell im Rahmen ihrer Möglichkeiten für die kirchenmusikalische Arbeit einzusetzen und entsprechende Voraussetzungen und Bedingungen dafür zu schaffen. Dazu gehören die entsprechenden Räume und ein funktionstüchtiges und geeignetes Instrumentarium, sowie die zur Vorbereitung und Durchführung von Gottesdiensten und Konzerten notwendigen Rahmenbedingungen (Mithilfe der Hausmeisterin bzw. des Hausmeisters oder der Kirchendienerin bzw. des Kirchendieners, angemessene Mitnutzung der gemeindlichen Kommunikationsstrukturen). Der Haushaltsplan der Gemeinde soll einen ausreichenden Posten für Noten und anderes Inventar für die kirchenmusikalische Arbeit und für Veranstaltungen enthalten.
  2. Für bestimmte kirchenmusikalische Veranstaltungen (z. B. Kantatengottesdienste), für Instandhaltung, den Neubau und die Überarbeitung von Pfeifenorgeln kann der Evangelische Oberkirchenrat auf Antrag einen Zuschuss gewähren. Beschaffungen, Veränderungen oder Verkäufe von Orgeln sind genehmigungspflichtig (Näheres ist den betreffenden Verordnungen, Merkblättern und Formularen zu entnehmen).
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2. Vielfalt der Gemeinden – Vielfalt der Gruppen

  1. Die Kirchenmusik hat ihren Platz im Gottesdienst und überall dort, wo in der Gemeinde Menschen zusammenkommen. Ort und Anlass mögen unterschiedlich sein: etwa in den einzelnen Gruppen einer Gemeinde, bei einer Freizeit oder im Kindergarten, bei der Probe eines Chores oder Instrumentalkreises, im Konzert oder bei einem offenen Singen.
  2. Eine Gemeinde besteht aus Menschen, die unterschiedlichen gesellschaftlichen Milieus angehören, verschiedenen Alters sind, der kirchlichen Arbeit näher oder ferner stehen. Dieser Vielfalt sollten die kirchenmusikalischen Aktivitäten und Angebote entsprechen.
  3. In stilistischer Hinsicht sollte das Angebot darum vielfältig sein. Von keiner Epoche kann gesagt werden, sie habe die einzig mögliche Kirchenmusik hervorgebracht. Zeitgenössischer Musik und der Popularmusik ist ebenso Raum zu geben wie der überlieferten Tonsprache, dem Experiment ebenso wie bewährten Formen. Doch immer ist darauf zu achten, für welche Gruppe, für welchen Ort und Anlass die Musik gewählt wird, und zu prüfen, ob sie der jeweiligen Situation angemessen ist. Hierbei werden Gemeinden sowie die Kirchenmusikerinnen und Kirchenmusiker ihre spezifischen Profile entwickeln.
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3. Chöre und Instrumentalgruppen

  1. Die Chöre und Instrumentalgruppen einer Gemeinde bieten stimmlich und instrumental begabten und interessierten Menschen verschiedener Altersgruppen die Möglichkeit der Mitarbeit. Die Musikkreise sind Bestandteil des Gemeindelebens und deshalb von den Gemeindeverantwortlichen zu fördern und zu unterstützen.
  2. Die Chöre und Instrumentalgruppen werden von dazu beauftragten Kirchenmusikerinnen und Kirchenmusikern geleitet. Sie haben für eine gründliche musikalische Vorbereitung und Durchführung der Arbeit zu sorgen. Sie bieten ihren engagierten Mitgliedern auch eine geistliche und emotionale Heimat. Neue Mitglieder werden in die Chöre und Musikgruppen nur mit Einverständnis der beauftragten musikalischen Leiterinnen und Leiter aufgenommen. Darüber hinaus wird auf die Satzung des Landesverbandes evangelischer Kirchenchöre in Baden vom 13. März 2004 (GVBl. 2005 S. 7 ff.) und die Ordnung der Posaunenarbeit in der Evangelischen Landeskirche in Baden vom 26. März 2013 (GVBl. S. 76 ff.) 2#verwiesen.
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III.
Der Dienst der Kirchenmusikerinnen und Kirchenmusiker

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1. Aufgaben

  1. Das kirchenmusikalische Amt ist ein geistliches Amt. Es gehört nach unserer Grundordnung zu den Diensten der Verkündigung (Artikel 100 Abs. 1 GO). Darum geschieht die Einführung in dieses Amt in einem Gottesdienst.
  2. Es bedarf eines Beschlusses des jeweiligen kirchlichen Leitungsorgans, wenn Kirchenmusikerinnen bzw. Kirchenmusiker im ehrenamtlichen Dienst tätig bzw. im beruflichen Dienst beschäftigt werden sollen. Die Anstellungsverhältnisse der Kirchenmusikerinen und Kirchenmusiker richten sich nach den in der Landeskirche geltenden arbeitsrechtlichen Bestimmungen (§§ 2 Abs. 1, 4 Abs. 2 Kirchenmusikgesetz). Kirchenmusikerinnen bzw. Kirchenmusiker sollen zu Beginn ihres Dienstes gottesdienstlich eingeführt werden (§ 2 Abs. 3 Kirchenmusikgesetz).3#
  3. Kirchenmusikerinnen bzw. Kirchenmusiker haben die Aufgabe,4# die Musik des Gottesdienstes zu leiten und zu betreuen sowie das musikalische Leben in der Gemeinde zu fördern. Dafür bedarf es einer entsprechenden Ausbildung. Kirchenmusikerinnen und Kirchenmusiker sollen sich bemühen, ihre Kenntnisse stets so zu erweitern, dass sie für die Fragen des Gottesdienstes und der Kirchenmusik kompetente Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind.
  4. Voraussetzung für die Errichtung und Wiederbesetzung einer A- oder B-Stelle ist, dass die Kirchenmusikerin bzw. der Kirchenmusiker in ihren bzw. seinen Einsatzstellen die Möglichkeit zu einer vielseitigen kirchenmusikalischen Tätigkeit vorfindet. Im Kirchenraum soll genügend Platz für Chor und Orchester sein, außerdem sollen geeignete Probenräume zur Verfügung stehen. Die Orgel soll die Wiedergabe der Orgelliteratur auch höheren Schwierigkeitsgrades erlauben. Differenzierte Chorarbeit soll vorhanden oder der Aufbau eines Chores in absehbarer Zeit möglich sein. Kantorinnen und Kantoren auf A- oder B-Stellen bedürfen zur Ausübung ihres Dienstes eines angemessen ausgestatteten Dienstzimmers.
  5. Voraussetzung für die Errichtung einer A-Stelle ist, dass die Kirchenmusikerin bzw. der Kirchenmusiker darüber hinaus die Möglichkeit einer künstlerisch anspruchsvollen Tätigkeit mit weiter Ausstrahlungskraft hat. Die Tätigkeit der Kirchenmusikerin bzw. des Kirchenmusikers mit A-Prüfung kann Akzente auf Spezialgebieten (z. B. auf chorischem, instrumentalem oder kompositorischem Gebiet) haben.
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2. Zusammenarbeit in der Gemeinde

  1. Ehren- und Hauptamtliche arbeiten in der Kirche vertrauensvoll zusammen; sie tun dies zielgerichtet, wertschätzend und effektiv. Sie kennen ihre gemeinsame Verantwortung und ihre jeweiligen Zuständigkeiten. Konflikte werden als Chance begriffen. Für ihren Dienst sind die Kirchenmusikerinnen und Kirchenmusiker dem Anstellungsträger und dem Leitungskreis der betreffenden Gemeinde verantwortlich. Regelmäßige Planungsgespräche zwischen Gemeindepfarrerinnen bzw. Gemeindepfarrern und Kirchenmusikerinnen bzw. Kirchenmusikern sind geboten.
  2. Verkündigung geschieht im Gottesdienst durch Wort und Musik. Die Auswahl der gottesdienstlichen Lieder und die weitere musikalische Ausgestaltung wird von der Gemeindepfarrerin bzw. dem Gemeindepfarrer und der Kirchenmusikerin bzw. dem Kirchenmusiker rechtzeitig gemeinsam besprochen. Mit Rücksicht auf die musikalische Gottesdienstvorbereitung sollten die Lieder (vielleicht außer dem Lied nach der Predigt) spätestens drei Tage vor dem betreffenden Gottesdienst festgelegt werden. Das Evangelische Gesangbuch der Evangelischen Landeskirche in Baden ist die Grundlage der Liedauswahl für alle Gottesdienste. Neuere Lieder sollen verantwortlich eingeübt werden.
  3. Gottesdienste mit Beteiligung von Chören bzw. Instrumentalgruppen, die eine besondere kirchenmusikalische Gestaltung erhalten, müssen rechtzeitig vorgeplant werden, um allen Beteiligten genügend Zeit zur Vorbereitung zu geben.
  4. Die sonstige gottesdienstliche Mitwirkung von Musikerinnen und Musikern oder von außergemeindlichen Gruppen ist nur nach Absprache mit der Kirchenmusikerin bzw. dem Kirchenmusiker möglich. In Konfliktfällen entscheidet das jeweilige Leitungsorgan.5# Gegebenenfalls können die Bezirkskantorin bzw. der Bezirkskantor und die Vertrauenspfarrerin bzw. der Vertrauenspfarrer für Kirchenmusik zu Rate gezogen werden.
  5. Kirchenmusikalische Veranstaltungen sollen vor Beginn des Kalenderjahrs dem Ältestenkreis/Kirchengemeinderat in Form eines Jahresplans zur Kenntnis vorgelegt werden. Aus der Vorlage muss auch ersichtlich sein, wie die Aufführungen finanziert werden sollen. Hat der Ältestenkreis/ Kirchengemeinderat keine Bedenken bezüglich der Planung und Durchführung der Veranstaltungen, so übernimmt er grundsätzlich die Verantwortung für deren finanzielle Absicherung.
  6. Es hat sich bewährt, für die Fragen der kirchenmusikalischen Arbeit einen Ausschuss des Ältestenkreises/Kirchengemeinderats zu bilden, der sich in regelmäßigen Abständen trifft und dem die Kirchenmusikerinnen und Kirchenmusiker als Mitglied angehören sollen. Diese sollten darüber hinaus die Möglichkeit haben, einmal jährlich im Rahmen einer Sitzung des Ältestenkreises/Kirchengemeinderats einen kurzen Arbeitsbericht zu geben. Im Übrigen sind sie vom Ältestenkreis bzw. Kirchengemeinderat zu hören, wenn Fragen ihres Aufgabengebietes behandelt werden (§§ 11 Abs. 4, 22 Abs. 2 Leitungs- und Wahlgesetz).
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3. Aus- und Fortbildung

  1. Die Hochschule für Kirchenmusik in Heidelberg (http://www.hfk-heidelberg.de) bildet für den hauptberuflichen kirchenmusikalischen Dienst aus. Die Regelstudienzeit für die B-Prüfung bzw. den Bachelorabschluss beträgt acht Semester; die Regelstudienzeit für die A-Prüfung bzw. den Masterabschluss beträgt weitere vier Semester. 6#
  2. Die Ausbildung von D- und C-Musikerinnen bzw. -musikern (Bandleitung, Chorleitung, Orgel, Bläserchorleitung) in der Evangelischen Landeskirche in Baden erfolgt durch ein Kurssystem im Haus der Kirchenmusik in Schloss Beuggen. In den Bezirken wird in Verantwortung der Bezirkskantorate Orgelspiel und Chorleitung unterrichtet, aus den hauptamtlichen Kirchenmusikerinnen bzw. -musikern der Landeskirche wird auch das Dozententeam für die Theorie- und Praxiskurse in Schloss Beuggen zusammengestellt (Näheres unter: http://www.haus-der-kirchenmusik.de).
  3. Die Popmusik, die Chor- und die Posaunenarbeit und andere kirchenmusikalische Ämter und Verbände der Landeskirche bieten zusätzliche Aus- und Fortbildungsangebote an. Im jährlich erscheinenden Faltblatt des Evangelischen Oberkirchenrates „Fortbildung Kirchenmusik“ wird auf die Veranstaltungen hingewiesen. Die Anstellungsträger sollen die Teilnahme an Fortbildungsveranstaltungen zeitlich und finanziell ermöglichen.
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IV.
Gottesdienst und Kasualien

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1. Der Gottesdienst als Zentrum der Kirchenmusik

Der Gottesdienst ist das Zentrum des kirchenmusikalischen Lebens. Gottesdienste in ihren vielfältigen traditionellen und neuen Formen bieten reiche Möglichkeiten für den Einsatz von Musik. In der dialogischen Struktur des Gottesdienstes, in Anrede Gottes und Antwort des Menschen hat die Musik eine besondere Funktion. Sie kann den Inhalt der Verkündigung aufnehmen und weiterführen (etwa in einer Motette zu einem Bibelwort), zur Besinnung verhelfen (in einer Orgelmeditation) oder die Antwort der Gemeinde zum Ausdruck bringen (etwa in einem Loblied). In vielen Gemeinden gibt es musikzentrierte Gottesdienste. Sie sind beliebt und in ihren unterschiedlichen Stilrichtungen eine wichtige Form der Verkündigung. Musik verstärkt die Emotionalität von Gottesdiensten und hilft mit, dass der Gottesdienst zur Feier und zum Fest wird. Die Verwendung von Tonträgern im Gottesdienst ist in der Regel unangemessen.
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2. Die singende Gemeinde

Kirchenmusikerinnen und Kirchenmusiker sollen die Gemeinde zu einem lebendigen Singen und Verstehen des alten und neuen Kirchenlieds anleiten. Dies kann je nach örtlichen Möglichkeiten durch ein Ansingen der Lieder zu Anfang oder auch während des Gottesdienstes geschehen, wobei der Chor oder eine Ansinggruppe hilfreich sind. Regelmäßiges Singen in den verschiedenen Gruppen und Kreisen der Gemeinde kann das gottesdienstliche Singen beleben. Wichtig ist dies vor allem bei der Einführung neuer geistlicher Lieder oder bei der Verwendung von mehrstimmigen Singformen und Wechselgesängen. Auch Instrumentalgruppen oder Einzelstimmen lassen sich hier einsetzen.
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3. Orgelspiel im Gottesdienst

  1. Das Orgelspiel im Gottesdienst dient dazu, die Gemeinde beim Singen der Gemeindelieder zu unterstützen. Solistisches Spiel bereichert den Gottesdienst und unterstreicht seinen festlichen Charakter.
  2. Bei der Liedbegleitung ist es notwendig, sich auf die Taktart und ihre Akzentuierung, Artikulation, Tempo, die Lautstärke und die Atempausen sorgfältig einzustellen. Auch ist der Textinhalt der einzelnen Strophen zu berücksichtigen. Ein Sonderfall ist der Lobvers nach dem Gloria (Glorialied), dessen Tonart auf den liturgischen Gesang abgestimmt sein muss, weil es ohne Intonation anschließen soll. Der Gemeinde unbekannte Lieder und Strophen oder Lieder in nicht passenden Tonarten müssten hier durch eine kleine Intonation eingeleitet werden. Der fantasievolle Einsatz der Orgelregister, variable Begleitsätze, das Zusammenspiel mit Soloinstrumenten und der Wechselgesang mit Solisten oder Chören tragen zu einem lebendigen Gottesdienst bei.
  3. Die liturgischen Stücke werden in der Regel ohne Einleitung begonnen und sollen deshalb den Anfangston durch eine klare Registrierung erkennen lassen, die Tonart soll in einem sinnvollen Verhältnis zu benachbarten Musikstücken und in einer bequem singbaren Tonhöhe stehen.
  4. Die Choralvorspiele und Intonationen sind in der Tonart des Liedes zu wählen und können den Charakter und das Tempo vorbereiten. Dabei sind je nach liturgischer Stellung des Liedes kurze Intonationen (Eingangslied nach einem Präludium, Schlusslied) oder Choralvorspiele (Hauptlied, Lied nach der Predigt) empfehlenswert.
  5. Als Vor- und Nachspiel, Orgelzwischenspiel nach der Schriftlesung oder als Meditationsmusik eignen sich auch choralfreie Kompositionen.
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4. Chor- und Instrumentalmusik im Gottesdienst

Chor- und Instrumentalmusik unterstützt und ergänzt die Verkündigung und bietet Raum für spirituelles Erleben. Vokal- und Instrumentalsolisten, Chöre, Posaunenchöre und Instrumentalensembles können das Ordinarium (Kyrie, Gloria, Credo, Sanctus, Agnus Dei) mit- oder ausgestalten. Auf diese Weise werden charakteristische Akzente gesetzt und/oder festliche Gottesdienste geschaffen. Von kleinen Singformen bis hin zu großen Messkompositionen bietet sich hier ein riesiges Repertoire aus Vergangenheit und Gegenwart an. Durch Psalm- und Hallelujaverse, Gebetsrufe und -gesänge, Psalm- und Evangelienvertonungen und ganze Kantaten kann das Proprium des Gottesdienstes musikalisch entfaltet werden.
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5. Musik beim Abendmahl

Die Kirchenmusik hat beim Abendmahlsteil des Gottesdienstes eine wichtige Funktion. Hier kann eine Fülle von instrumentalen und vokalen Möglichkeiten ausgeschöpft werden. Wenn die Gemeinde beim Empfang von Brot und Wein singt (außer Abendmahlsliedern, z. B. auch Lob- und Danklieder, Lieder der Kirchenjahreszeit), können zwischen den Strophen Orgelbearbeitungen über das betreffende Lied erklingen. Choralgebundene Orgelmusik hilft der Gemeinde, beim Mithören den Textinhalt eines Liedes zu bedenken. Oft wird man aber auch freie Orgelmusik zur Meditation auswählen. Neben Gemeindegesang und Orgelmusik kann entsprechende Chor- und Instrumentalmusik eingesetzt werden.
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6. Musik bei Kasualgottesdiensten

  1. Kasualgottesdienste sind ein kaum zu überschätzender Bereich kirchlichen Handelns. Hier kommen auch Kirchendistanzierte an biografisch wichtigen Punkten ihrer Lebensgeschichte mit der Kirche in Kontakt. Es ist wichtig, dass sie einen einladenden und gut gestalteten Gottesdienst erleben.
  2. Die musikalische Gestaltung von Kasualgottesdiensten muss rechtzeitig mit allen Beteiligten abgesprochen werden. Auf musikalische Wünsche von Brautpaaren, Taufeltern oder Hinterbliebenen sollte man, wenn möglich, eingehen. Die Gesänge und Instrumentalstücke, die während des Gottesdienstes erklingen, müssen zur biblischen Botschaft passen. Seelsorgliches Verständnis und liturgische Verantwortung sind keine Widersprüche. In jedem Fall soll in Kasualgottesdiensten auch die Gemeinde singen.
  3. Werden für die Gestaltung von Kasualgottesdiensten seitens der Angehörigen besondere musikalische Stücke gewünscht oder als Aufführung im Gottesdienst beschafft, so müssen alle Beteiligten davon rechtzeitig unterrichtet werden. Ist dazu eine Orgelbegleitung notwendig, müssen die Mitwirkenden zu einer ausreichenden Probe bereit sein. Die Kirchengemeinde kann den Mehraufwand nach den allgemeinen Regelungen als Entgelt ersetzt bekommen.
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V.
Kirchenmusikalische Veranstaltungen

  1. Besondere Aufgaben und Möglichkeiten hat die Kirchenmusik in eigenständigen musikalischen Veranstaltungen. Diese bereichern das Spektrum kirchlichen Handelns und erreichen erfahrungsgemäß Menschen, die anderen kirchlichen Angeboten fern stehen. Deshalb verdienen solche Veranstaltungen ganz besondere Aufmerksamkeit und Förderung. In Kantatenaufführungen, Orgel- und Gospelkonzerten, in der Aufführung von Oratorien und Passionen wird der Bezug der Kirche zum kulturellen Leben deutlich. Christliche Traditionen, biblische Überlieferungen und der Rhythmus des Kirchenjahrs erscheinen wirksam in der Öffentlichkeit. Die Bildungsfunktion der Kirchenmusik ist nicht zu unterschätzen. Sie hält christliche Traditionen bei Menschen lebendig.
  2. Dabei sind verschiedene Formen der Aufführung möglich: von der Abendmusik (z. B. mit liturgischen Elementen) bis zum großen Kirchenkonzert. Auch eine bewusste und umsichtige Verbindung von kirchenmusikalischen Veranstaltungen mit erwachsenenbildnerischen Elementen ist eine lohnende Aufgabe.
  3. Wollen Veranstalter von außerhalb der Gemeinde den Kirchenraum zu öffentlichen Konzerten nutzen, so muss der Ältestenkreis/Kirchengemeinderat im Benehmen mit der Kirchenmusikerin bzw. dem Kirchenmusiker darüber befinden. Hierbei ist darauf zu achten, dass durch solche Gastkonzerte Vorhaben der Gemeinde nicht verdrängt oder beeinträchtigt, sondern gefördert werden. Termine und Raumbedarf der Gemeinde und insbesondere ihrer Kirchenmusik haben Vorrang. Bei außergemeindlichen Gastkonzerten müssen Musik und Inhalte im Raum der Kirche zu verantworten sein. Urheberrechtliche Zusammenhänge sind zu beachten.
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VI.
Kirchenmusik auf der Ebene des Kirchenbezirks

Die kirchenmusikalische Arbeit im Kirchenbezirk hat die Aufgabe, die Arbeit der Gemeinden zu unterstützen und zu ergänzen. Darum gibt es in jedem Kirchenbezirk eine Bezirkskantorin bzw. einen Bezirkskantor sowie eine Vertrauenspfarrerin bzw. einen Vertrauenspfarrer für Kirchenmusik. Als Anstellungsträger von Kantorinnen und Kantoren hat in der Regel der Kirchenbezirk auch eine koordinierende Funktion für die Kirchenmusik in der Region. Dementsprechend liegt die Dienstaufsicht nach § 12 Kirchenmusikgesetz für die Kantorinnen und Kantoren grundsätzlich bei der Dekanin bzw. dem Dekan des jeweiligen Kirchenbezirks.
Soweit die Bezirkssynode keine andere Regelung beschließt, nehmen die Kantorinnen und Kantoren an ihren Tagungen beratend teil (§ 38 Nr. 8 Leitungs- und Wahlgesetz).7#
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1. Bezirkskantorinnen und Bezirkskantoren

  1. In jedem Kirchenbezirk wird eine Kantorin oder ein Kantor mit zusätzlichen Aufgaben im Kirchenbezirk und innerhalb der Landeskirche als Bezirkskantorin oder -kantor berufen.
  2. Der Kirchenbezirk errichtet die Stelle einer Bezirkskantorin bzw. eines Bezirkskantors und finanziert die Kosten der damit verbundenen Aufgaben (z. B. Noten für Bezirksveranstaltungen, Aufführungen im Kirchenbezirk und Geschäftsaufwand der Bezirkskantorin bzw. des -kantors). Der Vergütungsaufwand wird dem Kirchenbezirk vom Evangelischen Oberkirchenrat nach Maßgabe der hierfür im kirchengemeindlichen Steueranteil des landeskirchlichen Haushaltes eingestellten Mittel erstattet (§ 6 Abs. 3 und 4 Kirchenmusikgesetz).
  3. Die Bezirkskantorin bzw. der -kantor kann von den Ältestenkreisen/Kirchengemeinderäten zur Beratung in kirchenmusikalischen Fragen herangezogen werden. Sie bzw. er sollte regelmäßig zu Pfarrkonventen eingeladen werden (Allgemeine Dienstanweisung für Bezirkskantoren, Rechtssammlung Nr. 460.400). Die Bezirkskantorin bzw. der -kantor beteiligt sich im Rahmen ihrer bzw. seiner landeskirchlichen Tätigkeit als Unterrichtsperson an der Ausbildung im Haus der Kirchenmusik (vgl. III. 3).
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2. Kantorinnen und Kantoren auf A- und B-Stellen

Neben den Bezirkskantorinnen und Bezirkskantoren wirken alle Kantorinnen und Kantoren auf A- oder B-Stellen an den gesamtkirchlichen Zielen der Kirchenmusik mit. Sie sind Multiplikatoren für zeitgemäße und qualitätvolle musikalische Verkündigung in allen Stilrichtungen. Die Kantorinnen und Kantoren sind wesentliche Träger des Aus- und Fortbildungskonzeptes im Haus der Kirchenmusik und helfen so mit, eine „flächendeckende“ Versorgung der Gemeinden mit ausgebildeten Kirchenmusikerinnen und -musikern zu sichern.
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3. Vertrauenspfarrerinnen und Vertrauenspfarrer für Kirchenmusik

Im Kirchenbezirk wirken die Vertrauenspfarrerin bzw. der Vertrauenspfarrer für Kirchenmusik sowie die Bezirkskantorin bzw. der Bezirkskantor zusammen, um das gottesdienstliche und kirchenmusikalische Leben zu fördern und mitzugestalten.
Sie übernehmen in der Regel folgende Aufgaben:
  1. Sie vertreten im Pfarrkonvent die Anliegen der Kirchenmusik sowie der Kirchenmusikerinnen und Kirchenmusiker. Sie sollen unter den Pfarrerinnen und Pfarrern des Kirchenbezirks Verständnis für kirchenmusikalische Fragen wecken und fördern. Sie vertreten die kirchenmusikalischen Anliegen auch im Blick auf Haushaltsplan- und Finanzberatung von Kirchenbezirken oder größeren Kirchengemeinden.
  2. Sie informieren sich über Entwicklungen und Planungen in Fragen des Gottesdienstes und Kirchenlieds und unterrichten die Gremien des Kirchenbezirks darüber.
  3. Sie informieren sich über das kirchenmusikalische Leben in den Gemeinden des Kirchenbezirks und wirken bei kirchenmusikalischen Veranstaltungen auf Bezirksebene (z. B. Bezirkskirchengesangstage) mit. Sie vermitteln in Konfliktfällen sachlicher und personeller Art. Sie halten Verbindung mit dem Konvent der Kirchenmusikerinnen und Kirchenmusiker und wirken bei Besetzungen von hauptberuflichen Stellen und bei der kirchenmusikalischen D-Prüfung mit. Sie geben ggf. Anregungen zur Bildung von Arbeitskreisen für Gottesdienst und Kirchenmusik.
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VII.
Kirchenmusik auf der Ebene der Landeskirche

  1. Auf der Ebene der Landeskirche koordiniert der Beirat für Kirchenmusik, der in regelmäßigen Abständen zusammentrifft, die kirchenmusikalische Arbeit und berät den Evangelischen Oberkirchenrat. Im Beirat werden die qualitativen, organisatorischen und konzeptionellen Voraussetzungen geschaffen und koordiniert, damit Kirchenmusik als Ausdruck des Glaubens, als Gemeinschaft bildendes Element und als Kulturfaktor in den Gemeinden und in der Öffentlichkeit bereichernd wirken und für das Evangelium werben kann.
  2. Der Beirat für Kirchenmusik fördert daher die kirchenmusikalischen Aktivitäten in der Landeskirche und die Ausbildung des Nachwuchses, berät Konzeptionen, gibt Empfehlungen bei Personal- und Sachentscheidungen und bearbeitet Anfragen. Dem Beirat für Kirchenmusik gehören nach § 11 Abs. 3 Kirchenmusikgesetz an:
    1. das für die Kirchenmusik zuständige stimmberechtigte Mitglied des Evangelischen Oberkirchenrats,
    2. die Landeskantorinnen bzw. Landeskantoren,
    3. die Rektorin bzw. der Rektor der Hochschule für Kirchenmusik,
    4. die Beauftragte bzw. der Beauftragte für die kirchenmusikalische Aus-, Fort- und Weiterbildung,
    5. die bzw. der landeskirchliche Beauftragte für Popularmusik,
    6. die Landesposaunenwartinnen bzw. die Landesposaunenwarte,
    7. die Vorsitzende bzw. der Vorsitzende des Landesverbandes der Evangelischen Kirchenmusikerinnen und Kirchenmusiker Badens,
    8. die Vorsitzende bzw. der Vorsitzende des Landesverbandes Evangelischer Kirchenchöre in Baden und
    9. die Leiterin bzw. der Leiter des Orgel- und Glockenprüfungsamtes im Evangelischen Oberkirchenrat. 8#
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VIII.
Inkrafttreten

Diese Richtlinien treten am 1. Februar 2008 in Kraft. Gleichzeitig treten die Richtlinien vom 24. August 1992 (GVBl. S. 213) außer Kraft.

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2 ↑ Gem. GVBl. Nr. 11/2013 S. 215 Nr. 2 mit Wirkung vom 1. Juli 2013 angepasst.
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3 ↑ Gem. GVBl. Nr. 11/2013 S. 215 Nr. 3 mit Wirkung vom 1. Juli 2013 angepasst.
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4 ↑ Gem. GVBl. Nr. 11/2013 S. 215 Nr. 4 mit Wirkung vom 1. Juli 2013 angepasst.
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5 ↑ Gem. GVBl. Nr. 11/2013 S. 215 Nr. 52 mit Wirkung vom 1. Juli 2013 angepasst.
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6 ↑ Gem. GVBl. Nr. 11/2013 S. 215 Nr. 7 mit Wirkung vom 1. Juli 2013 angepasst.
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7 ↑ Gem. GVBl. Nr. 11/2013 S. 215 Nr. 9 mit Wirkung vom 1. Juli 2013 angepasst.
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8 ↑ Gem. GVBl. Nr. 11/2013 S. 215 Nr. 11 mit Wirkung vom 1. Juli 2013 angepasst.