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Rechtsverordnung über die Qualifizierung ehrenamtlicher Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Seelsorgedienst
(RVO-Qualifizierung Seelso-Ehrenamt)

Vom 11. März 2014

GVBl. S. 135

Der Evangelische Oberkirchenrat erlässt aufgrund von § 13 Nr. 2 SeelsorgeG folgende Rechtsverordnung:
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§ 1
Grundsatz, Regelungsbereich

Einen ehrenamtlichen Seelsorgeauftrag kann erhalten, wer für die Tätigkeit, auf die sich der Auftrag bezieht, qualifiziert ist (§ 3 Abs. 2 Nr. 1 SeelsorgeG). Nähere Regelungen zu Inhalt und Verfahren der Qualifizierung trifft diese Rechtsverordnung.
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§ 2
Qualifizierungskurs

( 1 ) Die Qualifizierung geschieht durch erfolgreiche Teilnahme an einem Qualifizierungskurs (im Folgenden: Kurs) mit theoretischen und praktischen Bestandteilen.
( 2 ) Die Kurse werden öffentlich ausgeschrieben.
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§ 3
Persönliche Voraussetzungen zur Teilnahme am Kurs

( 1 ) Zur Teilnahme am Kurs kann zugelassen werden, wer in seiner Person folgende Voraussetzungen erfüllt:
  1. Kommunikations- und Wahrnehmungsfähigkeit,
  2. Motivation für den Kurs,
  3. Motivation für seelsorgliche Arbeit und Fragestellungen,
  4. die Bereitschaft, sich auf Umfang und Anspruch des Kurses einzulassen,
  5. psychische Belastbarkeit sowie
  6. ausreichende Entwicklungsmöglichkeiten im Hinblick auf:
    1. Fähigkeit zur Selbstreflexion,
    2. Fähigkeit, die Perspektive eines Gegenübers einnehmen zu können,
    3. Fähigkeit, die Grenzen und Bedürfnisse eines Gegenübers respektieren zu können,
    4. Fähigkeit zur Selbstabgrenzung,
    5. Bereitschaft, sich auf das Arbeiten in einer Gruppe einzulassen.
( 2 ) Über die Zulassung zum Kurs entscheidet die Kursleitung nach Kennenlernen der Bewerberin bzw. des Bewerbers und setzt sie bzw. ihn in geeigneter Weise über die Entscheidung in Kenntnis.
( 3 ) Zu Beginn des Kurses schließt die Kursleitung mit den Teilnehmenden eine verbindliche Vereinbarung ab über
  1. Kursdauer,
  2. Elemente des Kurses,
  3. regelmäßige Teilnahme,
  4. Verschwiegenheitspflicht in Bezug auf personenbezogene Kursinhalte und
  5. gegebenenfalls das Entgelt nach § 7.
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§ 4
Umfang und konstitutive Bestandteile der Qualifizierung

( 1 ) Der Kurs umfasst mindestens 90 Unterrichtseinheiten zu jeweils 45 Minuten in der geschlossenen Kursgruppe. Eigene Seelsorgetätigkeit der Teilnehmenden im Rahmen des Praktikums und eigene Seelsorgeerfahrung sind darin nicht enthalten.
( 2 ) Zum Kurs gehören als grundlegende Bestandteile Elemente der Selbsterfahrung, Theorie, Praxis und Praxisreflexion sowie eigene Seelsorgeerfahrung bei einer Seelsorgerin bzw. einem Seelsorger der eigenen Wahl.
( 3 ) Elemente der Selbsterfahrung sind integraler Bestandteil des Kurses und orientieren sich an den Themen und Inhalten des Kurses, die in Beziehung gesetzt werden zu eigenen Erfahrungen und der eigenen Lebens- und Glaubensgeschichte der Teilnehmenden.
( 4 ) Gegenstand der Theorieerarbeitung sind theologische, psychologische und rechtliche Grundlagen. Das Erwerben von theologischem Wissen und die Auseinandersetzung mit zentralen theologischen Themen geschehen sowohl auf der Theorieebene als auch induktiv im gesamten theorie- und praxisbezogenen Seelsorgelernen. Dies beinhaltet folgende theologische Themen:
  1. hermeneutische und exegetische Voraussetzungen für ein verantwortliches Verstehen, Auslegen und Umgehen mit biblischen Texten,
  2. Gottesbild(er) und Menschenbild(er),
  3. Theodizee-Frage (die Frage, wie Gott Leid und Böses zulassen kann),
  4. Schuld und Vergebung,
  5. christologische Grundthemen, z. B. Kreuz und Auferstehung und
  6. pneumatologische (die Lehre vom Heiligen Geist betreffende) Grundthemen, z. B. Gnade, Trost, Gemeinschaft.
( 5 ) Konstitutive Grundthemen der Seelsorge sind beispielsweise:
  1. Selbstverständnis und Rolle als Seelsorgerin bzw. Seelsorger,
  2. Auftrag und Aufgabe in der Seelsorge,
  3. Kommunikation und Gesprächsführung,
  4. seelsorgliche Grundhaltungen,
  5. besondere Themen der Seelsorge und
  6. rechtliche Grundlagen der Ausübung der Seelsorge (§ 4 Abs. 1 Nr. 4 SeelsorgeG).
( 6 ) Darüber hinaus werden im Kurs Themen der Theologie und der Seelsorge bearbeitet, die sich aus der Seelsorgepraxis der Teilnehmenden sowie den Bedingungen und Erfordernissen im jeweiligen Seelsorgefeld ergeben.
( 7 ) Weil das Seelsorgelernen in besonderer Weise durch die praktische Arbeit in einem Seelsorgefeld unterstützt und gefördert wird, müssen die praktische Arbeit und ihre Reflexion rechtzeitig beginnen. Der genaue Beginn der Praktika ist dabei abhängig von den Aufgabenfeldern und den Gegebenheiten im jeweiligen Seelsorgefeld. Die Praktikumsplätze werden in Absprache mit der Kursleitung ausgewählt. Die praktische Seelsorgetätigkeit umfasst mindestens 15 Seelsorgegespräche im Verlauf des Kurses. Nach Beginn des Praktikums nimmt die Reflexion der dort gewonnenen Erfahrungen einen ausreichenden Raum innerhalb der Kursarbeit ein.
( 8 ) Im Verlauf des Kurses führen die Teilnehmenden mindestens vier Seelsorgegespräche mit einer Seelsorgerin bzw. einem Seelsorger ihrer Wahl.
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§ 5
Kursleitung

( 1 ) Die Leitung eines Kurses verfügt über eine anerkannte pastoralpsychologische Qualifikation (DGfP-Supervisorin bzw. -Supervisor, PPF-Absolventin bzw. -Absolvent, DGSv-Supervisorin bzw. -Supervisor mit theologischem Grundberuf und bzw. oder seelsorglichem Arbeitsschwerpunkt).
( 2 ) Die Co-Leitung hat in ihrer eigenen Tätigkeit einen Schwerpunkt in der Seelsorge.
( 3 ) Die Kursleitung (Leitung und Co-Leitung) kann in ökumenischer Gemeinschaft wahrgenommen werden. Die Kursleitung besteht aus Frauen und Männern.
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§ 6
Abschluss der Qualifizierung und Zertifizierung

Die Teilnehmenden erhalten ein Zertifikat über Umfang und Inhalt des Kurses, das von der Kursleitung ausgestellt und unterzeichnet wird, sofern sie die Grundbestandteile des Kurses (§ 4 Abs. 2) absolviert und nicht mehr als zehn Prozent der Kurszeit versäumt haben.
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§ 7
Entgelt

Für die vom Evangelischen Oberkirchenrat bzw. von Einrichtungen der Landeskirche durchgeführten Qualifizierungen entrichten die Teilnehmenden jeweils ein Entgelt in Höhe von 300,00 Euro.
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§ 8
Supervision und Fortbildung

Nach Abschluss der Qualifizierung und erfolgter Beauftragung haben die zur Seelsorge Beauftragten das Recht und die Pflicht zur Teilnahme an regelmäßiger Supervision und Fortbildung (§ 5 Abs. 2 SeelsorgeG).
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§ 9
Inkrafttreten, Außerkrafttreten

( 1 ) Diese Rechtsverordnung tritt am 1. Juni 2014 in Kraft.
( 2 ) Gleichzeitig treten außer Kraft:
  1. die Richtlinien Standards für die Qualifizierung ehrenamtlicher MitarbeiterInnen im Seelsorgedienst der Evangelischen Landeskirche in Baden (RL-Qualifizierung Seelso-Ehrenamt) vom 24. Juli 2012 (GVBl. S. 184),
  2. die Ordnung zur Beauftragung Ehrenamtlicher in der Seelsorge (Seelso Ehrenamt) vom 24. Juli 2012 (GVBl. S. 182).